Für umweltschonende Beleuchtung und den Schutz der Nacht


Für Gemeinden

Mit der Beleuchtung befassen sich die Behörden von Bund, Kantonen und Gemeinden. Sie orientieren sich an Gesetzen, Regelungen, Normen und der bisherigen Rechtsprechung. Jede Behörde hat Rechte und Pflichten und muss immer wieder Güterabwägungen vornehmen.

Eine Gemeinde muss sich auseinandersetzen mit

  1. der eigenen öffentlichen Beleuchtung für Strassen, allenfalls Plätze wie Schulareale, Pärke und/oder Aussenbeleuchtungen eigener Gebäude z.B. Gemeindehaus, Mehrzweckhalle, Schwimmbad, Parkplätze (Sicherheit im öffentlichen Raum der Gemeinde)
  2. als bewilligende Behörde mit Baugesuchen. Diese können betreffen: Private Aussenbeleuchtungen, Gebäude(-Fassaden)-Beleuchtungen, Reklamebeleuchtungen, aber auch temporäre Veranstaltungen (Eventbeleuchtungen).

Wir wenden uns hier primär an Gemeinden, die nicht über eigene ExpertInnen verfügen. Je kleiner eine Gemeinde, desto anspruchsvoller ist es für die Verantwortlichen, die komplexe Materie zu handhaben:

  • Müssen Gemeindestrassen beleuchtet werden? Gibt es dazu eine gesetzliche Pflicht?
  • Welche LED-Leuchten sollen installiert werden (Intelligente Steuerung, Spektrum)?
  • Muss in einem Baugesuch auch die Beleuchtungsanlage im Aussenraum geprüft werden?
  • Gibt es Vorgaben für Leuchtreklamen (Betriebszeiten, Helligkeit)?
  • Und was gilt bei der Weihnachtsbeleuchtung?

Das rechtliche Feld, in welchem sich eine Gemeinde angesichts von solchen Fragen bewegt, finden Sie in den Rechtsgrundlagen und die Problematik von Lichtimmissionen beim Selber handeln.

Die Beleuchtung von Gemeindestrassen, also von allen Strassen, die nicht als Kantonsstrassen klassifiziert sind, ist Sache der Gemeinden. Eine gesetzliche Pflicht zur Beleuchtung gibt es nicht. Der Entscheid, ob eine Strasse beleuchtet wird, liegt in der Kompetenz der kommunalen Behörde. Die fünfteiligen Strassenbeleuchtungs-Normen SR SN EN 13201 definieren die Regeln für die korrekte Umsetzung.
 
Gemeindebehörden haben also das Recht bei der Einrichtung neuer Beleuchtungen mitzuentscheiden. Gemeinden können ein Reglement zum Umgang mit Lichtemissionen festlegen. Verschiedene Gemeinden schalten das Licht in der zweiten Nachthälfte aus.
 
Bei der Erstellung neuer privater Beleuchtungen im Aussenraum kann über die BNO/BZO (Baubewilligung, SN 586 SIA 491: 2013 1) und das Polizeireglement Einfluss genommen werden (Betriebs- resp. Ruhezeiten).
 
Gehen Sie mit gutem Beispiel voran. Beim Bau neuer Bauten oder bei der Umgestaltung von bestehenden Bauten und Anlagen können Sie schon in der Projektierungsphase darauf achten, unnötiges Kunstlicht zu vermeiden.

Verschiedene Gemeinden haben den kurzen und informativen Flyer von DarkSky Switzerland an alle Haushalte verteilen lassen, in manchen Gemeinden sogar mit dem Gemeinde-Signet versehen.

Hier finden Sie das Merkblatt für Gemeinden «Beschränkung von Lichtemissionen» des Schweiz. Gemeindeverbandes SGV und andern Organisationen.

Die meisten Kantone haben zum Thema Lichtemissionen eine eigene Seite mit hilfreichen Hinweisen für ihre Gemeinden. Hier finden Sie eine von Dark-Sky Switzerland verfasste Zusammenstellung dieser kantonalen Webseiten.

Quelle: A New Challenge for Spatial Planning: Light Pollution in Switzerland (pdf)
Dr. Liliana Schönberger
Hier ist eine beispielhafte Auswahl dieser Dokumente geteilt von Liliana Schönberger. Quelle:
» A New Challenge for Spatial Planning: Light Pollution in Switzerland (pdf)
Dr. Liliana Schönberger
Hier finden Sie als Hilfe bei allen Beleuchtungsfragen die aktuelle Vollzugshilfe «Empfehlung zur Vermeidung von Lichtemissionen» des BAFU vom Oktober 2021.
Hier finden Sie unsere Zusammenstellung der Rechtsgrundlagen betreffend Licht und Lichtverschmutzung

Bei der Einrichtung und Durchsetzung einer umweltgerechten Beleuchtung werden verschiedene «Rechtsräume» berührt. Zwischen diesen gibt es Überschneidungen, und es können verschiedene Instanzen zum Zug kommen. Das ist nicht in jeder Gemeinde gleich geregelt.

Grossen Einfluss nehmen können Verantwortliche für Infrastrukturanlagen (meist Strassenbau). Die Strasse wird als Werk bezeichnet. Zugehörig zu diesem Werk ist auch die Strassenbeleuchtung.

Entscheidend ist eine kompetente Beurteilung von Baubewilligungen. Da von Bauten und Anlagen stammendes Licht in den Geltungsbereich des Umweltschutzgesetzes fällt, müssen die geplanten Anlagen auf ihre Vereinbarkeit mit den Bau- und Umweltschutzvorschriften überprüft werden. Im Baubewilligungsverfahren muss die Behörde die Norm SIA 491:2013 Vermeidung unnötiger Lichtemissionen im Aussenraum berücksichtigen.

In vielen Gemeinden sind in den Polizei-Reglementen die Nachtruhezeiten festgelegt. Die Gemeinden können darin auch Abschaltzeiten von Zier- und Werbebeleuchtung festlegen (visuelle Nachtruhezeit).

Bei der Projektierung einer Beleuchtungseinrichtung sollen die folgenden fünf Fragen kritisch geprüft und beantwortet werden:

  • Notwendigkeit: Macht hier eine Beleuchtung überhaupt Sinn?
  • Abschirmung: Wird wirklich nur das gewünschte Objekt beleuchtet?
  • Richtung von oben nach unten: Strahlt kein Licht direkt über die Horizontale hinaus?
  • Beleuchtungsstärke und Art des Lichts: Welches und wie viel Licht/Helligkeit ist notwendig?
  • Zeitliche Begrenzung: Wann und wie lange muss das Licht brennen?

Diese fünf Punkte entsprechen der Norm SIA 491:2013 oder SN 586 491:2013

Hier finden Sie eine Reihe von Grafiken aus der SIA Norm zur Vermeidung unnötiger Lichtemissionen im Aussenraum, sowie eine Checkliste zum konkreten Vorgehen.

Das BAFU hat in der neue Vollzugshilfe die 5 Punkte auseinander dividiert in 7 Punkte. Am Grundsatz ändert sich nichts.

Werden kommunale öffentliche Beleuchtungen ersetzt oder neu geplant, so können Energieaufwand und/oder Lichtemissionen reduziert werden:
  • Beleuchtungsanlage korrekt planen und berechnen (so viel wie nötig, so wenig wie möglich)
  • Leuchten mit tiefer Farbtemperatur einsetzen. DarkSky International und DarkSky Switzerland empfehlen weniger als, bzw. maximal 2’200 Kelvin im Aussenraum.
  • Dimmbare Leuchten einsetzen und auf die geforderte Nutzung einstellen (Lichtstrom dimmen)
  • Leuchten ausserhalb der Hauptnutzungszeit absenken (Nachtabsenkung)
  • Leuchten nur nach Bedarf einsetzen (Bedarfssteuerung mit Sensor)
  • Auf Leuchten verzichten (Suffizienz statt Effizienz)
Damit eine oder mehrere dieser Möglichkeiten genutzt werden können, müssen die Leuchten technisch entsprechend ausgestattet sein. Kein Ersatz ohne Planung!
Bei der Überarbeitung der Bau- und Nutzungs- oder Zonenordnungen (BNO / BZO) können Beleuchtungen im Aussenraum geregelt werden. Die «SN 586 SIA 491:2013 Vermeidung unnötiger Lichtemissionen im Aussenraum» bietet dafür eine belastbare Grundlage.
 
Nachtruhezeiten können zudem im Polizeireglement definiert werden:
  • Betriebszeiten für Werbe- und Schaufenster-Beleuchtungen (z.B. von 6:00 bis 22:00 Uhr)
  • Betriebszeiten für den Dauerbetrieb privater funktionaler Aussenbeleuchtungen. Danach nur noch mit Bewegungsmelder einzuschalten
  • Betriebszeiten für Zierbeleuchtungen ohne funktionalen Nutzen (z.B. von 6:00 bis 22:00 Uhr)
  • Betriebszeiten Weihnachtsbeleuchtung (max. von 6:00 bis max. 1:00 Uhr (jede Gemeinde entscheidet wann Schluss ist zwischen 22:00 und 1:00 Uhr individuell) und nur zwischen 1. Adventssonntag und 6. Januar)
Verschiedene Studien konnten keinen signifikanten Zusammenhang zwischen der öffentlichen Beleuchtung und der Häufigkeit von Verkehrsunfällen oder Kriminalität nachweisen (Steinbach et al. 2015).
 
  • Viele Gemeinden schalten das Licht bereits heute ohne negative Konsequenzen aus.
  • Sensible Konfliktpunkte (Fussgängerquerungen) können beleuchtet bleiben.
  • Sensoren können LED-Leuchten benutzergerecht schalten und/oder dimmen.
  • Bauliche Massnahmen im Strassenraum sind oft wirkungsvoller als mehr Licht.
  • Fahrzeuglenker sind vorsichtiger und aufmerksamer ohne Strassenbeleuchtung.
  • Unfälle nach Mitternacht werden oft durch fahruntüchtige Personen verursacht.
  • Einbruchdiebstähle finden meist in der Dämmerung statt.
 

Meldungen, dass jemand sich durch Kunstlicht gestört fühlt, sind ernst zu nehmen. Die zuständige Gemeindebehörde muss vorab abklären, ob der gemeldete Sachverhalt verwaltungsrechtliche Massnahmen erfordert (z.B. den Befehl, rechtswidrige Lichtemissionen einzuschränken) – oder ob es sich um eine Bagatelle handelt, die kein behördliches Eingreifen erfordert. Ist ein Einschreiten der Gemeinde angezeigt, so muss die Inhaberin oder der Inhaber der störenden Baute oder Anlage aufgefordert werden, für Abhilfe zu sorgen.

Quelle: «Lichtverschmutzung vermeiden»,
ein Merkblatt des Kantons Zürich für Gemeinden, 2013

Das Bundesgericht (1C_250/2013) musste Fragen zur Weihnachtsbeleuchtung in der Gemeinde Möhlin (AG) klären:
 
Ein Paar in Möhlin beleuchtet Haus und Garten jeweils vom 11. November bis 2. Februar mit hellen Weihnachtsverzierungen und Beleuchtungen – und zwar von der Abenddämmerung bis um 01h nachts. Die Bewohner des gegenüberliegenden Hauses fühlen sich gestört. Der Konflikt gelangt vor das Bundesgericht.
 
Das Paar bezeichnet das Problem als Bagatellfall, bei dem keine Massnahmen zu ergreifen seien. Das Bundesgericht ist anderer Meinung: Bei der «Vielzahl von Leuchtkörpern» handle es sich um unnötige Emissionen. Es verweist auf die SIA-Norm 491, die darauf abzielt, unnötige Emissionen an der Quelle zu vermeiden.
 
Die Weihnachtsbeleuchtung wird vom Bundesgericht von 22h bis 01h ausnahmsweise toleriert, aber nur vom ersten Advent bis zum 6. Januar. Es weist die Beschwerde ab, das Paar muss Gerichtskosten und Parteienentschädigung übernehmen.
 
Dieser Fall wurde bekannt, weil das Bundesgericht erstmals auf die Baunorm SIA 491 Bezug nahm, und weil es ganz konkrete terminliche Vorgaben machte, über wie viele Wochen und wann in den Nachtstunden die Weihnachtsbeleuchtung in der Schweiz erlaubt ist.
 
Weitere kommentierte Beispiele zum Thema Lichtverschmutzung finden Sie in unserem «Nachtfalter» von 2017.
Hier finden Sie eine Liste zu weiteren Bundesgerichtsurteilen in Zusammenhang mit Lichtemissionen.

Gemeinden die sich neu für die Nachtabschaltung der öffentlichen Beleuchtung entschieden haben, senken die nächtlichen Lichtemissionen auf etwa die Hälfte. So nachweislich z.B. in Brugg-Windisch um 2015/16 herum geschehen.
Wir empfehlen jedoch die Sensibilisierung der Bevölkerung vor diesem Schritt, so steigt das Verständnis für die Umweltmassnahme und diese wird höher gewichtet als die Sicherheitsbedenken. Man muss die geringe Nutzung den Aufwendungen für die Infrastruktur gegenüberstellen, heutzutage wo jede Person ein Mobiltelefon mit Licht mit sich herumträgt.
Gemeinden, die auf intelligente Beleuchtung umrüsten, haben etwas mehr Spielraum. So können sie bereits zu früheren Stunden Absenkungen Stufenweise machen, z.B. von 20-22 Uhr und von 22-0 Uhr, bevor die Nachtausschaltung greift. Unser früherer Geschäftsstellenleiter hat über Jahre die ganze Gemeinde auf intelligentes Licht umgerüstet. Nachts sind die Lichtemissionen auf rund ein Drittel von früher gesunken. Solche Beispiele machen Mut. In den Wohnquartieren hat die Bevölkerung das intelligente Licht gut akzeptiert.

Abschliessend ist diese Frage nicht beantwortet.
Die Kantone NE, VD, AG sind sich nicht einig.
Letztlich ist es eine Frage, wie eine Gemeinde ihr nächtliches Haftungsrisiko an bestehenden Fussgängerstreifen einschätzt. Werden Fussgängerstreifen bewilligt entfernt, besteht auch keine Beleuchtungspflicht. Bisher gibt es keine Rechtsfälle aus Unfällen mit Regress auf eine Gemeinde, weder in der einen noch der anderen Situation. Grundsätzlich sind Verkehrsteilnehmer verpflichtet, sich den örtlichen Verhältnissen anzupassen und die Hauptschuld geht wohl fast immer auf den schnelleren Verkehrsteilnehmer über.

DarkSky Switzerland vermittelt Ihnen engagierte Fachleute, sei es für vereinzelte Messungen / Analysen oder für Beratung und Planung bei gesetzeskonformen, umweltgerechten und ästhetisch überzeugenden Beleuchtungen ganzer Gemeinden.

Liste der Fachmitglieder Lichtplaner

Und nun: Werden Sie Mitglied – als Gemeinde!

Wenn eine Gemeinde bei DarkSky Switzerland Mitglied wird, versprechen wir mindestens einmal ein Referat zum Thema Lichtverschmutzung kostenlos in dieser Gemeinde zu halten. Ausserdem erhalten alle unsere Mitglieder Informationen aus erster Hand und werden zu unseren Anlässen eingeladen.

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