Aufhellung des Nachthimmels durch Sportplatzbeleuchtung

Der Lichtplaner Roland Bodenmann hat mich von Dark-Sky Switzerland am 17. Februar 2015 eingeladen, bei einer kontrollierenden Lichtmessung zum neu geplanten und installierten Sportplatz Brüggligeld in Aarau dabei zu sein.

Der Sportplatz hat unmittelbar angrenzende Anwohner in Einfamilienhäusern. Diese Ausgangslage verlangte eine sorgfältige Lichtplanung, um Immissionen während dem Spielbetrieb so gering als möglich zu halten. Daher wurden die simulierten Lichtstärken an den Hausfassaden der Häuser nachgemessen. Danach wurde der Einfluss jeder einzelnen Leuchte der den Häusern zugewandten Spielfeldhälfte überprüft.

2015-02-17_landeskarte_bruegglifeld_messpunkte

Das Fussballfeld wird in diesem Fall von acht Masten flankiert. Für die Einzelmessung interessierten nur die vier Masten (grüne Punkte bei 1-4) bei der Strasse mit den Einfamilienhäusern.
Während der ganzen Messungen blieben benachbarte Lichtquellen entweder konstant ein (Eishockeyfeld und Nebenplatz) oder aus (Strassenbeleuchtung, Gartenbeleuchtungen)

sqmback_04

Lukas Schuler, Präsident von Dark-Sky Switzerland: «Ich habe diese einmalige Gelegenheit genutzt, um mit meinem Sky-Quality-Meter (SQM) die Aufhellung des Nachthimmels über dem Spielfeld durch jeden einzelnen Lichtmast zu messen.»

Um meine eigenen Messpunkte (blau) auf dem grünen Rasen einfach zu lokalisieren, habe ich die Mitte zwischen den gegenüberliegenden Masten  verwendet, selbst wenn die Ausrichtung der Strahler teilweise leicht davon abwich, um die tiefen Immissionen bei den Nachbarn zu erreichen.

Wie immer mit einem SQM wurde im Zenit gemessen. Ich habe dazu ein Stativ verwendet und hinter meinem Rucksack, bzw. vor mich als Schattenwerfer positioniert. Der Flutlichtstrahl wäre sonst ebenfalls auf die Linse gefallen und hätte jede Genauigkeit vernichtet.

Messpunkt 1 liegt also auf dem blauen Punkt und misst im Zenit den Unterschied mit ein-, bzw. ausgeschaltetem Mast 1 auf dem grünen Punkt. Das galt analog auch für die Masten 2-4.

Wie schon bei der Aufhellung des Nachthimmels durch Weihnachtsbeleuchtung wurden 10 Messungen pro Situation gemacht (vorher 10 und nachher 10).
Resultate
Mast
Messpunkt
eingeschaltet
Zenitleuchtdichte
ausgeschaltet
Zenitleuchtdichte
Differenz
Nr. mag/arcsec2 cd/m2 mag/arcsec2 cd/m2 %
1 14.81
±0.06
0.1284
±0.0070
14.95
±0.07
0.1136
±0.0069
12
2 15.09
±0.08
0.0993
±0.0074
15.32
±0.13
0.0811
±0.0083
18
3 15.14
±0.11
0.0951
±0.0097
15.54
±0.04
0.0660
±0.0025
31
4 15.12
±0.10
0.0968
±0.0097
15.38
±0.10
0.0764
±0.0074
21

Die Zunahme der Himmelshelligkeit über dem Spielfeld beträgt also pro Lichtmast zwischen 12% bis 31%.

Wie erklären wir die grossen Unterschiede zwischen nahezu identischen Leuchtquellen?

Der relative Anteil der Änderung am Himmel war grösser, wenn die Dunkelheit am Himmel grösser war. Die unterschiedliche Dunkelheit am Himmel können wir gut erklären:

  • Neben dem Spielfeld befindet sich links das zum Zeitpunkt offene und kontinuierlich beleuchtete Eishockeyfeld. Das heisst beim Messpunkt 1 haben wir mehr Licht vom Hockeyfeld am Himmel als beim Messpunkt 4.
  • Neben dem Spielfeld rechts befindet sich der schlechtere Platz. Auch bei diesem Platz war die veraltete Beleuchtung in Betrieb. Messpunkt 4 war hier am nächsten bei dieser Lichtquelle, Messpunkt 1 am weitesten entfernt.
  • Das Hockeyfeld hellt stärker auf als der alte Fussballplatz. So erwartet man den minimalen Einfluss der benachbarten Lichtquellen näher beim Fussballplatz als beim Hockeyfeld.

Tatsächlich dürfte also der Wert von 31% am ehesten dem indirekten Einfluss eines nach Normen beleuchteten Fussballplatzes entsprechen.

Für alle Hobby- und Amateurastronomen lässt sich ableiten, dass sich zwar jeder zusätzliche Meter Entfernung von störenden Lichtquellen lohnt, aber man in den Städten in mehrfachen Helligkeit eines Vollmondes am Himmel ertrinkt.

Lukas Schuler
Präsident Dark-Sky Switzerland

 

 

Aufhellung des Nachthimmels durch Weihnachtsbeleuchtung

Anhand der Weihnachtsbeleuchtung eines der grössten Einkaufszentren der Schweiz wurde untersucht, was diese lokal für die Aufhellung der Nacht am Himmel konkret bedeutet.

Zentrum Glatt von weitem in Weihnachtsbeleuchtung gehüllt.
Das Zentrum Glatt in Wallisellen kann sogar aus über einem Kilometer Distanz noch mit der Dekoration der Bahnhofstrasse mithalten.

Die Weihnachtsbeleuchtung unseres Versuchsobjektes besteht aus 269’000 LED Lämpchen, welche das Gebäude wie einen Lichtervorhang auf allen vier Seiten einhüllen.

Damit man besser versteht, wie viel Licht ein solches Gebäude durch die Weihnachtsbeleuchtung ausstrahlt, haben wir eine Schätzung aufgrund der Messung der Leuchtdichte gemacht.

An der Fassade massen wir 4.5 cd/m2. Mit den Dimensionen der vier Seiten des Hochhauses multipliziert, ergibt sich eine Leuchtfläche von 6300 m2, welche ca. 356’000 Lumen emittiert (ein kleinerer Teil davon durch die Fenster nach Innen).

Dark-Sky Switzerland: Das Licht der Weihnachtsbeleuchtung des Glatt entspricht etwa 42 herkömmlichen Strassenlampen, die 1 km Kantonsstrasse beleuchten könnten.

Wie gross ist nun die Aufhellung der Nacht?

Unsere Messungen wurden in der Weihnachtszeit von 2014 vorgenommen. Die Beleuchtung schaltete damals um Mitternacht aus.

Methode:
sqmback_04Wir haben auf einem Stativ mit der Wasserwaage ein Sky Quality Meter (SQM) senkrecht zum Zenit ausgerichtet. Standorte 450m weg vom Glattzentrum erwiesen sich als unzuverlässig für eine präzise Messung.
Unsere Messungen erfolgten daher neben dem Gebäude, auf öffentlich zugänglichem Gelände, 120m vom Hochhaus entfernt.
Wir haben die Messung in vier verschiedenen Nächten wiederholt, um der unterschiedlichen Bewölkung Rechnung zu tragen.
Ausserdem haben wir pro Abschaltung, aus einer langen Serie von Einzelmessungen vor und nach der Abschaltung jeweils 10 benachbarte Werte vor nach der Abschaltung verwendet, um Einflüsse von schwankender Temperatur und wechselnder Bewölkung so gering wie möglich zu halten. Dennoch ist es sehr wichtig, eine gewisse Anzahl Einzelmessungen zu kombinieren, um den Messfehler zu minimieren.
Die Resultate
Vor Abschaltung Nach Abschaltung Differenz Himmel
mag/arcsec2 cd/m2 mag/arcsec2 cd/m2 in % Qualität
16.20
±0.02
0.0359
±0.0007
16.31
±0.03
0.0323
±0.0008
10% hohe Wolken
18.53
±0.06
0.0042
±0.0002
18.61
±0.06
0.0039
±0.0002
8% klar
14.79
±0.02
0.1313
±0.0028
14.87
±0.02
0.1218
±0.0023
7% Hochnebel
15.57
±0.02
0.0640
±0.0011
16.19
±0.03
0.0360
±0.0011
44% feucht, Nieseltropfen

Wir sehen, die Messungen in einer Nacht sind recht stabil, jedoch stark wetterabhängig.

Die Weihnachtsbeleuchtung des Einkaufszentrums hellt den Himmel in 120 Meter Entfernung im Zenit um mindestens 7% auf (klares, auch astronomisch interessantes Wetter).

Unter ungünstigen Witterungsbedingungen (Gefahr für Zugvögel) beträgt die Aufhellung bis zu 44%!
Wer mir dieses Resultat nicht glaubt, ich habe diese Messung öffentlich im Schweizer Fernsehen durchgeführt (siehe Beitrag in Einstein).
Und nein, es waren keine Tropfen und kein Kameralicht auf der Linse.

Das sind keine schönen Resultate. Aber wir wollten es einmal konkret dokumentiert haben. Die Lichtverschmutzung liegt in der Verantwortung jedes Einzelnen, der unnötig (lange) Licht macht.

Lukas Schuler
Präsident Dark-Sky Switzerland

Fortsetzungsgeschichte 2018

Im Jahre 2018 wurde das Zentrum Glatt renoviert. Alleine durch die neue Fassadengestaltung haben die unnötigen Lichtemissionen sich verdreifacht. Im Zürcher Unterländer machten wir auf das Problem aufmerksam: » Pro und Kontra Weihnachtsbeleuchtung vom 8.12.2018

Danach haben wir die Gemeinde informiert. Die Gemeinde Wallisellen sieht sich nicht in der Pflicht, obwohl wir auf die Zielsetzung des Kantons Zürich aufmerksam gemacht haben, dass die Lichtemissionen nicht zunehmen sollen, siehe Umweltbericht 2018.

Mit der identischen Kamera von 2014 und vergleichbarer Perspektive haben wir das Foto von oben erneut gemacht. Es gab inzwischen einige bauliche Veränderungen, ebenso hat die Dekoration auf dem Kreisel anscheinend gerade einen Defekt. Aber man sieht deutlich, wie die Weinachtsbeleuchtung des Einkaufszentrums sich scheinbar vermehrt hat, weil die neue Fassade mehr Reflexion erzeugt. Die Lampe oben rechts wurde durch eine Natriumdampflampe ersetzt, die zweite Lampe dahinter wurde nach vorne versetzt, weil das neue Hotel den Raum durch einen Vorgarten beanspruchte.

Das Zentrum Glatt in Wallisellen strahlt seit 2018 noch heller. Das dritte Logo von 2010 auf der Nordseite wurde zwar wieder entfernt, dafür gibt die Fassade insgesamt noch mehr Licht ab.

Auch wenn die Politik so langsam voranschreitet, wir bleiben an der Geschichte auch im 2019 dran und werden sie bestimmt fortschreiben.