Gefährdete Tierwelt

Lichtverschmutzung kann das Leben der nachtaktiven Tiere empfindlich stören. Zugvögel verenden auf ihrer weiten Reise. Und Insekten sterben den Massentod.

Für viele Tierarten ist die Dunkelheit ein lebensbestimmender Faktor. Sie haben sich im Laufe der Evolution an den Tag-Nacht-Wechsel angepasst. So gibt es tagaktive und nachtaktive Tiere, die ihr Verhalten der jeweiligen Umgebungsbeleuchtung angepasst haben.

Jede Veränderung der natürlichen Lichtverhältnisse durch künstliches Licht kann ökologische Auswirkungen haben und damit unter Umständen die Artenvielfalt reduzieren. Noch sind längst nicht alle ökologischen Konsequenzen des künstlichen Lichts bekannt. Es muss deshalb damit gerechnet werden, dass mit zunehmender Forschung weitere Auswirkungen aufgedeckt werden.

Beispiel Zugvögel
Auch auf Zugvögel wirkt sich Kunstlicht störend aus. Die Milliarden von Vögeln, die alljährlich nachts von Europa nach Afrika und wieder zurückziehen, orientieren sich unter anderem anhand der Sterne. Dieses genetisch programmierte Zugverhalten hat sich im Laufe von Millionen von Jahren herausgebildet. Die Entwicklung der Glühbirne hingegen liegt gerade einmal 150 Jahre zurück.

Die Vögel sind heute mit völlig neuen Lichtverhältnissen konfrontiert. Vor allem bei schlechter Sicht werden sie von Lichtquellen und von den Lichtglocken über grossen Städten angezogen und von ihrem Weg abgelenkt. Dies führt dazu dass Zugvögel nachts auf beleuchtete Bürogebäuden prallen oder diese sinnlos umkreisen und sterben. Betroffen sind über 450 Vogelarten.

In der Schweiz hat sich die Vogelwarte Sempach auf die Auswirkungen von Lichtverschmutzung auf die Vogelwelt spezialisiert.

zugvogel_orientierung
Zugvögel orientieren sich seit Millionen von Jahren an den natürlichen Lichtquellen wie Sonne, Mond und Sterne sowie an den Magnetfeldern der Erde. Die Lichtverschmutzung kann die Orientierung der Vögel in besiedelten Gebieten erheblich beeinträchtigen.

Beispiel Insekten
Nachtaktive Insekten (vor allem Nachtfalter, Netzflügler, Köcher­fliegen und Käfer) werden durch künstliches Licht von ihrem natürlichen Lebensraum weggelockt. Anstatt Nahrung zu suchen, sich zu paaren oder Eier zu legen, verfliegen sie ihre Energievorräte an den Lampen oder verfallen in lichtgesteuerte Tagespassivität. Es besteht die Gefahr, dass sie an der Lichtquelle gefangen bleiben, an Übermüdung sterben, in oder an der oft heissen Lichtquelle verbrennen oder leichte Beute von nicht so lichtempfindlichen Fledermäusen (nur 4 von 30 Arten in der Schweiz), Spinnen etc. werden.

Deutsche Wissenschaftler schätzen, dass in den Sommermonaten an jeder Strassenlampe durchschnittlich 150 Insekten pro Nacht getötet werden. Das heisst, dass in Deutschland an den 6,8 Millionen Strassenleuchten jede Nacht durchschnittlich über eine Milliarde Insekten zu Tode kommen. Hochgerechnet auf alle Lichtquellen in Deutschland dürften jedes Jahr mehrere Billionen nachtaktive Lebewesen im gleissenden Schein verenden.

Schätzungen für die Schweiz ergeben pro Sommernacht im Schnitt 10 Millionen Insekten, die unnötig sterben. In einem ganzen Sommer dürften so vermutlich zwischen 1 und 5 Milliarden Insekten durch Aussenbeleuchtungen zu Grunde gehen.

Lichtquellen könnten damit zu einer kontinuierlichen Schwächung der Insektenfauna führen. Vor allem für kleine und bedrohte Insektenpopulationen dürfte das Kunstlicht fatale Folgen haben.

gefangene_insekten
Gefangene Insekten einer Leuchte (Bilder: Prof. Dr. Gerhard Eisenbeis, Universität Mainz)
Nächtliche Beleuchtung wirkt sich weltweit als tödliche Falle für Insekten aus  darunter befinden sich auch bedrohte Arten.
Nächtliche Beleuchtung wirkt sich weltweit als tödliche Falle für Insekten aus  darunter befinden sich auch bedrohte Arten.

 

 

 

 

 

 

 

 

Beispiel Wasserfloh
Der Wasserfloh ist ein eher unscheinbares Tier. Umso grösser ist seine Aufgabe für die Gewässer in der Natur. Denn er lebt von den Algen, die in Seen wachsen. Dank seiner Fressaktivität sorgt der Wasserfloh dafür, dass die Algen nicht überhand nehmen.

Allerdings ist der Wasserfloh sehr lichtempfindlich. So taucht er nur in der Nacht bis zur Oberfläche des Sees auf, um auch dort zu fressen. Wird die Nacht durch Lichtverschmutzung zu stark aufgehellt, verrichtet der Wasserfloh seine Arbeit nicht mehr bis in die obersten Wasserschichten. Die Algen wuchern dort ungehindert. Im schlimmsten Fall führt dies zu einem Sauerstoffmangel im Gewässer.

Bei natürlicher Dunkelheit (links) frisst der Wasserfloh bis in die obersten Wasserschichten die Algen weg. Wird die Nacht zu sehr aufgehellt, verschiebt sich die Aufstiegsgrenze nach unten (rechts). Die Folge: die Algen breiten sich ungehindert aus.
Bei natürlicher Dunkelheit (links) frisst der Wasserfloh bis in die obersten Wasserschichten die Algen weg. Wird die Nacht zu sehr aufgehellt, verschiebt sich die Aufstiegsgrenze nach unten (rechts). Die Folge: die Algen breiten sich ungehindert aus.

 

 

Dieser Beitrag ist auch verfügbar auf: Französisch