Was wir wissen
Das Wissen über Lichtverschmutzung nimmt mit jedem Jahr zu. Forschungen über ihr Ausmass und ihre Folgen bestätigen, dass Lichtverschmutzung für die Biodiversität, aber auch für die Gesundheit der Menschen schädliche Auswirkungen haben können.
Technische Erkenntnisse und Entwicklungen weisen anderseits Wege auf, Beleuchtung so einzusetzen, dass sie uns Menschen die nötige Sicherheit und Orientierung geben, ohne auf die Umgebung zerstörerisch zu wirken.
Lichtverschmutzung
Beleuchtungen im Aussenraum sind ein junges Produkt unserer Zivilisation. Noch in der Neuzeit trugen die Menschen nachts allenfalls ein brennendes Talglicht mit sich; im frühen 19. Jahrhundert wurden in grossen Städten Europas erste Gaslampen installiert, 1879 präsentierten Edison und andere die ersten Glühbirnen. In der Zwischenkriegszeit des 20. Jahrhunderts markierte die Entwicklung des Automobils einen Wendepunkt. War die Strassenbeleuchtung bis dahin auf die Städte beschränkt, so dehnte sie sich nun auf ländliche Gebiete aus.
Inzwischen verläuft die Kurve zunehmender Beleuchtung steil nach oben. Viele Menschen beginnen die Dunkelheit zu vermissen und nerven sich über allzu viel Licht in der Nacht. Dies nicht nur in den Städten. Autobahnen, ländliche Einkaufszentren, nächtlich beleuchtete Reklamen, Tourismusregionen bilden ein zunehmend helles Netz. Wir kennen diese Licht-Netze von Satellitenbildern aus dem All: Nordamerika, Europa, Japan sind hell; in Afrika, Russland, Südamerika herrscht bis auf wenige Zentren das grosse Dunkel.
Über den Städten schweben von weitem sichtbare Lichtglocken: Kunstlicht, das auf Wolken, Aerosole oder Schwebstoffe trifft, wird reflektiert und bildet diese sogenannte Lichtglocke, die sich in weitem Umkreis ausbreitet.
Auch in klaren Nächten sind daher von den Städten aus nur wenige Sterne zu sehen, manche Kinder und Jugendliche haben noch nie jene Galaxie wahrgenommen, von der wir ein Teil sind: unsere Milchstrasse!
Weltweit nimmt die Lichtverschmutzung zu. Immer mehr Gebiete werden nachts kontinuierlich beleuchtet, und die durchschnittliche Beleuchtungsstärke dieser Gebiete nimmt jedes Jahr zu. In einer Studie aus dem Jahr 2017 wurde eine Zunahme der beleuchteten Fläche um 2,2 % pro Jahr und eine Zunahme der durchschnittlichen Lichtintensität um 2 % gemessen.
Man geht heute davon aus, dass in der Hälfte Europas und einem Viertel Nordamerikas der Tag-Nacht-Zyklus durch die Lichtverschmutzung erheblich gestört wird. Einige Studien zeigen, dass sich die Lichtverschmutzung zwischen 1992 und 2013 weltweit verdoppelt hat. Die Verstädterung und die weltweite Zunahme des Wohlstands sind die beiden wichtigsten Triebkräfte für dieses Wachstum.
In der Schweiz gibt es selbst im Herzen der Alpen keine von der Lichtverschmutzung völlig verschonten Regionen mehr. Eine Studie aus dem Jahr 2019 zeigt, dass sich jene Fläche des Landes, die stark von Lichtverschmutzung betroffen ist, zwischen 1992 und 2013 verdreifacht hat. Im Mittelland konzentriert sich der größte Teil der künstlichen Lichtemissionen, aber auch in den Bergregionen nehmen die nächtlichen Lichtemissionen stark zu.
Die jüngste Entwicklung der LED-Beleuchtung verschärft das Problem der Lichtverschmutzung zusätzlich. LED erhöht die durchschnittliche Lichtleistung neuer Anlagen, die Lichtfarbe wird kälter (in Richtung Blau). Dadurch dringt das Licht der Strassenbeleuchtung stärker in die Atmosphäre ein, das Licht wird stärker gestreut: Die Lichtverschmutzung nimmt zu.
Seit mehr als einem Jahrhundert wird die Aussenbeleuchtung mit Fortschritt und Komfort in Verbindung gebracht. In der Stadt kann die Wirtschaftstätigkeit auch nach Sonnenuntergang fortgesetzt werden.
Künstliche Beleuchtung wird zu einem integralen Teil jenes Wachstums, das in unserem Wirtschaftssystem rundum angestrebt wird: Wer verkaufen will, muss seine Ware beleuchten, wer als Toursimusdestination reüssieren will, wird sie in Licht-Szene setzen, wer landwirtschaftlichen Erfolg braucht, beleuchtet seine Gewächshäuser mit nächtlichem Kunstlicht, wer als Sportverein medialen und damit wirtschaftlichen Erfolg sucht, muss seine Anlagen hell beleuchten. Städte machen mit spektakulären Beleuchtungen auf sich und ihre Wahrzeichen aufmerksam, so wie etwa die Stadt Lyon mit ihrem jährlichen Lumière-Festival.
So folgt die Zunahme der Lichtverschmutzung der Kurve des globalen Wirtschaftswachstums, das sie munter mitanheizt. Die Verstädterung und mit ihr die Lichtverschmutzung schreiten weltweit rasant voran. Der tatsächliche Bedarf an Aussenbeleuchtung wird kaum je untersucht und hinterfragt: Standardmässig werden eine neue Strasse oder ein neuer Weg beleuchtet, ohne dass jemand wirklich weiss, für wen oder wozu.
Die Sensibilisierung für die Umweltkosten der Lichtverschmutzung ist eine wichtige Voraussetzung dafür, die mit dem globalen Wirtschaftswachstum einhergehenden Praktiken der Lichtplanung in Frage zu stellen.
Die Bibel steht zwar nicht am Anfang der menschlichen Kultur, aber am Anfang der Bibel steht Gottes Schöpfung: Am ersten Tage schuf er Himmel und Erde – am zweiten die Trennung von Tag und Nacht.
Das lässt uns erahnen, welche Bedeutung seit Zehntausenden von Jahren der nächtliche Himmel für die Menschen aller Kulturen hatte – in ihrem Leben ohne künstliches Licht. In den Himmelskörpern erblickten sie göttliche Wesen, sie erfanden und benannten Sternbilder – und gaben ihnen mythische Bedeutung, die in der Astrologie bis heute nachklingt. Seefahrer orientierten sich am Stand der Sterne, ebenso jene Menschen, die sich im nächtlichen Dunkel des Festlandes bewegten. Die Beobachtung des Sternenhimmels spielte auch eine zentrale Rolle bei der Entstehung der modernen Wissenschaft und der Infragestellung der kirchlichen Dogmen ab dem 16. Jahrhundert.
Dass wir heute in die Wüste reisen müssen, oder auf eine Insel im Meer, um einen wirklich sternenklaren Himmel zu erleben, bedeutet einen massiven Verlust für uns Menschen in den Industrieländern. Wir werden abgeschnitten von einem tiefen Naturerlebnis, das für viele auch eine spirituelle Dimension hat. Der Sternenhimmel kommt uns abhanden, und viele merken es nicht einmal, weil Lichtverschmutzung sich Schritt für Schritt vollzieht, und weil jene, die seit ihrer Kindheit in einer permanenten Lichtsuppe aufgewachsen sind, gar nichts anderes kennen.
Hier finden Sie grossartige Nachtlandschaften unter dem klaren Sternen-Himmel von La Palma, die unser Mitglied Urs Leutenegger uns zur Verfügung stellt.
Hier finden Sie einen originellen Text, der ebenso neckisch daher kommt, wie er wissenschaftlich fundiert ist. Er richtet sich nicht zuletzt an junge Leserinnen und Leser – geschrieben von Vorstandsmitglied Liliana Schönberger.
Gesundheitliche Folgen von Lichtverschmutzung für die Menschen
Es ist Mitternacht. Du bist noch nicht bereit, ins Bett zu gehen, und sagst: „Ich muss nicht schlafen“, aber das ist nur deine Erlebnisgier, die da spricht. Nachts musst du tatsächlich und wahrhaftig schlafen, und zwar von heute an.
Wir Menschen denken, dass wir schlauer sind als alles andere auf der Welt, aber wir können unseren Körper nicht austricksen. Rund um die Uhr laufen Prozesse ab, die von der Lichtmenge in der Umgebung abhängen. Viele biologische Prozesse in unserem Körper haben feste Zeiten, zu denen sie innerhalb von 24 Stunden ablaufen. Diese biologischen Zyklen werden als «zirkadianer Rhythmus» bezeichnet. Von ihnen hängt ab, wie der Körper in Bezug auf Stoffwechsel und Verhalten funktioniert.
Einer der bekanntesten zirkadianen Rhythmen ist der Schlaf-Wach-Zyklus, der die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin als Reaktion auf den geringeren Lichteinfall auf unsere Fotorezeptoren in den Augen beinhaltet. Unsere Netzhaut ist mit zwei Arten von Fotorezeptoren bedeckt: Stäbchen und Zapfen. Die Stäbchen sind für die Absorption von Photonen mit einem Fotopigment – Rhodopsin – verantwortlich. Die von den Stäbchen absorbierte Lichtmenge wird in ein neurologisches Signal umgewandelt, das von der Netzhaut an unser Gehirn gesendet und dort weiterverarbeitet wird. Als Reaktion auf das schwache Licht empfängt die Zirbeldrüse (Nucleus suprachiasmaticus) im Gehirn ein Signal von der Netzhaut und beginnt mit der Produktion von Melatonin, das zum Einschlafen benötigt wird.
Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass die Exposition gegenüber künstlichem Licht am späten Abend und insbesondere gegenüber blauem Licht, das durch Bildschirme von Computern, Fernsehern, Mobiltelefonen, Tablets oder sogar E-Readern erzeugt wird, die Melatoninproduktion unterdrückt, was zu Schlafstörungen führt. Wir haben gelernt, mit Schlafproblemen, Müdigkeit und plötzlichen Stimmungsschwankungen zu leben, und wir behandeln diese als Teil des Lebens, aber höchstwahrscheinlich sind viele dieser Probleme die Folge einer falschen Schlafhygiene.
Zu den guten Gewohnheiten vor dem Schlafengehen gehört es, die Exposition gegenüber blauem Licht am Abend zu reduzieren und sich mindestens 30 Minuten vor dem Schlafengehen vollständig von elektronischen Geräten zu trennen. Das bedeutet, dass du nicht mehr auf dein Handy schauen und nicht mit eingeschaltetem Licht in deinem E-Reader lesen solltest.
Du brauchst nicht zu schlafen? Hast du deinen Körper gefragt?
Dein Darm braucht eine Pause beim Verdauen der Nahrung. Deine Muskeln brauchen Zeit, um sich zu regenerieren und auszuruhen. Dein Gewebe braucht den Schlaf, um zu filtern, zu reparieren, Hormone zu produzieren und für viele andere Prozesse. Wenn du es also nicht für dich selber tust, tu es für deinen Körper.
Es ist nicht nur Melatonin, das im Schlaf produziert wird. Während des Schlafs ist der oxidative Muskelstoffwechsel am intensivsten, ebenso wie die Glukagonsekretion in der Bauchspeicheldrüse (verantwortlich für die Glukosesynthese) und die Leptinsekretion im Dünndarm (verantwortlich für das Sättigungs-Hunger-Gleichgewicht). Der Schlaf ist für das reibungslose Funktionieren des Immunsystems von entscheidender Bedeutung. Tatsächlich ist die Zahl der Neutrophilen (eine Art von weissen Zellen) nachts am höchsten. Melatonin hat nachts auch einen Nebenjob: Es wirkt entzündungshemmend, reduziert makromolekulare Schäden in den Organen und ist in der Lage, freie Radikale abzufangen.
Dies sind nur einige Beispiele dafür, was in unserem Körper in diesen unbewussten Stunden des Tages passiert. Es sind für unsere Gesundheit entscheidende Prozesse, die ohne ausreichenden nächtlichen Schlaf zu ernsteren Gesundheitsproblemen führen können.
Schlafmangel ist schlecht für deine Seele
Es gibt Studien, die Krankheiten wie Depressionen, Übergewicht, Brust- und Prostatakrebs mit der erhöhten nächtlichen Helligkeit in der unmittelbaren Umgebung in Verbindung bringen. Viele dieser Studien vergleichen die Bevölkerung auf dem Land und in der Grossstadt und zeigen, dass die Bevölkerung in städtischen, stark beleuchteten Gebieten ein höheres Risiko für die Entwicklung von Krankheiten hat. Auffällige Statistiken zeigen, dass das Depressions- und Selbstmordrisiko 1,27- bzw. 1,29-mal höher ist, wenn das Wohnumfeld nachts hell ist. Eines der Symptome, das fast untrennbar mit Depressionen verbunden ist, ist die Schlafstörung. Es ist umstritten, ob eine Schlafstörung auch eine Depression auslösen kann.
Für ein erhöhtes Krebsrisiko in Bevölkerungsgruppen, die unter lichtverschmutztem Himmel leben, gibt es zwei Erklärungsmöglichkeiten. Erstens führt ein gestörter Schlafrhythmus zu einem niedrigeren Melatoninspiegel im Blut, der, wie erwähnt, freie Radikale vernichten kann. Ausserdem gleicht Melatonin den Östrogenspiegel aus, der beim Fehlen von Melatonin höher sein kann und daher als krebsfördernd gilt. Zweitens schwächt ein gestörter Schlaf die Reaktion des Immunsystems, was ebenfalls Auswirkungen auf das Krebsrisiko haben kann. Fast täglich werden neue Studien veröffentlicht, die einen Zusammenhang zwischen Lichtverschmutzung und menschlicher Gesundheit herstellen.
Jene Menschen, die im Zeitalter der 24-Stunden-Gesellschaft den unendlichen Möglichkeiten einer erhellten Nacht huldigen, sind ein schwieriges Publikum, wenn es gilt, ihnen diese Probleme zu vermitteln. Ich hoffe aber, dass ich hier darstellen konnte, wie hilfreich und wohltuend Nacht für Nacht das Dunkel auf unseren Körper und unsere Seele einwirkt.
Liliana Schönberger,
Vorstandsmitglied von Dark-Sky Switzerland
Literatur
Haim, Abraham, and Boris A. Portnov. “Light Pollution as a New Risk Factor for Human Breast and Prostate Cancers.” Light Pollution as a New Risk Factor for Human Breast and Prostate Cancers, 2013, doi:10.1007/978-94-007-6220-6.
Kim, Yun Jeong, et al. “High Incidence of Breast Cancer in Light-Polluted Areas with Spatial Effects in Korea.” Asian Pacific Journal of Cancer Prevention, vol. 17, no. 1, 2016, pp. 361–67, doi:10.7314/ APJCP.2016.17.1.361.
Krop-Benesch, Annette. Licht Aus!? Licht- verschmutzung. Die Unterschätzte Gefahr. Rowohlt Verlag, 2019.
Salgado-Delgado, Roberto, et al. “Disrupti- on of Circadian Rhythms: A Crucial Factor in the Etiology of Depression.” Depression Research and Treatment, vol. 2011, 2011, doi:10.1155/2011/839743.
Wyse, C. A., et al. “Circadian Desynchrony and Metabolic Dysfunction; Did Light Pollution Make Us Fat?” Medical Hypotheses, vol. 77, no. 6, Elsevier Ltd, 2011, pp. 1139–44, doi:10.1016/j. mehy.2011.09.023.
Lichtverschmutzung kann das Leben von nachtaktiven Tieren empfindlich stören. Zugvögel verenden auf ihrer weiten Reise. Insekten sterben den Massentod.
Für viele Tierarten ist die Dunkelheit ein lebensbestimmender Faktor. Sie haben sich im Laufe der Evolution an den Tag-Nacht-Wechsel angepasst. Jede Veränderung der natürlichen Lichtverhältnisse durch künstliches Licht kann ökologische Auswirkungen haben und damit unter Umständen die Artenvielfalt reduzieren. Noch sind längst nicht alle ökologischen Konsequenzen des künstlichen Lichts bekannt, aber Anzeichen mehren sich, dass sie zum Massenaussterben beitragen.
Beispiel Zugvögel
Kunstlicht stört die Zugvögel. Die Milliarden von Vögeln, die alljährlich nachts von Europa nach Afrika hin- und später wieder zurückziehen, orientieren sich nicht zuletzt an den Sternen. Dieses genetisch programmierte Zugverhalten hat sich im Laufe von Millionen Jahren herausgebildet. Die Entwicklung der Glühbirne hingegen liegt gerade einmal 150 Jahre zurück.
Heute sind die Vögel mit völlig neuen Lichtverhältnissen konfrontiert. Vor allem bei schlechter Sicht werden sie von den Lichtglocken über grossen Städten und von andern Lichtquellen angezogen – und so von ihrem Weg abgelenkt. Dies führt dazu dass Zugvögel nachts zu Tausenden auf beleuchtete Bürogebäude prallen oder diese sinnlos umkreisen und sterben. Betroffen sind über 450 Vogelarten.
In der Schweiz hat sich die Vogelwarte Sempach auf die Auswirkungen von Lichtverschmutzung auf die Vogelwelt spezialisiert.
Zugvögel orientieren sich seit Millionen von Jahren an den natürlichen Lichtquellen wie Sonne, Mond und Sterne sowie an den Magnetfeldern der Erde. Die Lichtverschmutzung kann die Orientierung der Vögel in besiedelten Gebieten erheblich beeinträchtigen.
Beispiel Insekten
Nachtaktive Insekten (vor allem Nachtfalter, Netzflügler, Köcherfliegen und Käfer) werden durch künstliches Licht von ihrem natürlichen Lebensraum weggelockt. Anstatt Nahrung zu suchen, sich zu paaren oder Eier zu legen, verfliegen sie ihre Energievorräte an den Lampen oder verfallen in lichtgesteuerte Tagespassivität. Es besteht die Gefahr, dass sie an der Lichtquelle gefangen bleiben, an Übermüdung sterben, in oder an der oft heissen Lichtquelle verbrennen oder leichte Beute von weniger lichtempfindlichen Spinnen, von weniger lichtempfindlichen Fledermäusen (nur 4 von 30 Arten in der Schweiz) – und von weiteren Jägern werden.
Deutsche Wissenschaftler schätzen, dass in den Sommermonaten an jeder Strassenlampe durchschnittlich 150 Insekten pro Nacht getötet werden. (Mehr dazu bei Gerhard Eisenbeis, Düsseldorf 2001). Das heisst, dass in Deutschland nur schon an den 6,8 Millionen Strassenleuchten jede Nacht durchschnittlich über eine Milliarde Insekten zu Tode kommen. Hochgerechnet auf alle Lichtquellen in Deutschland dürften jedes Jahr mehrere Billionen nachtaktive Lebewesen im gleissenden Schein verenden.
Schätzungen für die Schweiz ergeben pro Sommernacht im Schnitt 10 Millionen Insekten, die unnötig sterben. In einem ganzen Sommer dürften so zwischen 1 und 5 Milliarden Insekten durch Aussenbeleuchtungen zu Grunde gehen.
Die zahlreichen Lichtquellen führen damit zu einer kontinuierlichen Schwächung der Insektenfauna. Vor allem für kleine und bedrohte Insektenpopulationen dürfte das Kunstlicht fatale Folgen haben.
Gefangene Insekten einer Leuchte (Bilder: Prof. Dr. Gerhard Eisenbeis, Universität Mainz)
Nächtliche Beleuchtung wirkt sich weltweit als tödliche Falle für Insekten aus – darunter befinden sich auch bedrohte Arten.
Beispiel Pflanzen
Pflanzen nutzen Licht, Wasser und Kohlendioxid, um daraus etwas Neues zusammenzusetzen: Traubenzucker und Sauerstoff. Aus energiearmen anorganischen Stoffen entstehen mit Hilfe der Sonnenenergie also energiereiche organische Stoffe.
Pflanzen passen diese Photosynthese an die Lichtverhältnisse an und regulieren sie. Sie passen ihr Wachstum an den täglichen und jahreszeitlichen Rhythmus des Umgebungslichts an, was sich auf Blüte, Blattverlust und Keimung auswirkt.
Zu den in der wissenschaftlichen Literatur beschriebenen Auswirkungen der Lichtverschmutzung auf Pflanzen gehören in der Folge der (allzu) späte Blattfall im Herbst und das beeinträchtigte Wachstum in der Landwirtschaft.
Die Lichtverschmutzung wirkt sich auch indirekt auf die Landwirtschaft aus – und zwar über bestäubende Insekten, die unter Lichtverschmutzungsbedingungen weniger Pflanzen besuchen. Dies führt zu einem erheblichen Rückgang der landwirtschaftlichen Erträge.
Infos zu weiteren Tierarten in unseren Breitengraden, die von Lichtverschmutzung betroffen sind
Fledermäuse: www.fledermausschutz.ch
Glühwürmchen: www.gluehwuermchen.ch
Amphibien: Amphibien bewegen sich vor allem in der Nacht, um das Austrocknen ihrer Haut zu verhindern und sich ihren Fressfeinden zu entziehen. Dank ihres angeborenen Orientierungssinns finden sie mit Leichtigkeit zu ihrer Brutstätte zurück. Schon kaum wahrnehmbares Licht schränkt die Tiere auf der Suche nach Nahrung und Fortpflanzungspartnern aber ein. Dies kann sich langfristig negativ auf die Populationsdynamik und die Widerstandsfähigkeit auswirken.
Quelle: www.vs.ch
Hier finden Sie Grafiken zu den Auswirkungen auf Tiere aufgrund unkontrollierter Lichtnutzung.
Quelle: Website des Kantons Solothurn. Vermeidung von unnötigen Lichtemissionen – visualisierte Zusammenfassung (so.ch)
Wenn Sie über die aufgezeigten Themen und Probleme mehr erfahren möchten, so finden Sie hier eine kleine Zusammenstellung von Büchern, Filmen sowie wissenschaftlichen und populärwissenschaftlichen Artikeln oder Links
Abgesehen von Falchis Atlas der Lichtverschmutzung sind alle unten angegebenen Bücher für interessierte Laien geschrieben, sie haben sog. «populärwissenschaftlichen» Charakter.
Posch et al:
Das Ende der Nacht
Lichtsmog: Gefahren – Perspektiven – Lösungen
WILEY-VCH; 2. Auflage 2013
ISBN: 978-3-527-41179-5
Krop-Benesch, Annette:
Licht Aus!? Lichtverschmutzung. Die unterschätzte Gefahr.
Rowohlt Verlag, 2019
ISBN: 978-3-499-63448-2
Goronczy, Emlyn Etienne:
Lichtverschmutzung in Metropolen – Analyse, Auswirkungen und Lösungsansätze
Springer Vieweg, 2018
ISBN: 978-3-658-22974-0
Fabio Falchi:
The World Atlas of Light Pollution
Deutsch, Englisch 2016
ISBN 10: 1534642560 ISBN 13: 9781534642560
Dirk Liesemer:
Streifzüge durch die Nacht. Wie ich unsere Heimat neu entdeckte
MALIK-Verlag, 2020
ISBN 978-3-89029-530-5
Arcand, Kimberly; Watzke, Megan
Licht – Mehr als wir sehen, 2016
ISBN-10: 3771646529 ISBN-13: 978-3771646523
Bogard, Paul:
Die Nacht – Reise in eine verschwindende Welt
Karl Blessing Verlag, München, 2014
(Reisebericht USA)
ISBN-10 3896674676 ISBN-13 978-3896674678
Schmidt, Mathias; Schmidt, Tanja-Gabriele:
Rettet die Nacht
Riemann Verlag, 2016
ISBN-10 357050199X
Zajong, Arthur:
Lichtfänger – Die gemeinsame Geschichte von Licht und Bewusstsein
Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2015
ISBN-10 3772522793
Fischer, Ernst Peter:
Durch die Nacht – Eine Naturgeschichte der Dunkelheit
Siedler Verlag, München 2015
ISBN 9783886808380
Kunst
- Erklärfilm Lichtverschmutzung – Nebenprodukt der Bachelorarbeit von Anina Gut
- My Switzerland – Alessandro della Bella
- Zurich by Night – Alessandro della Bella
- Helevtia’s Dream – Alessandro della Bella
Kurze Dokumentation
- Filme über das Glühwürmchen – Tier des Jahres 2019
- Dark-Sky Switzerland – Sommernachtsraub
- Dark-Sky Switzerland – Weisse LED und der letzte Nachtfalter
- NASA – Virtueller Flug durch den Orion-Nebel
- Abendspaziergang im November 2017 in Zürich
- arte – Verlust der Nacht – Die globale Lichtverschmutzung
- NASA – The Sound (& Visions) of Silence
- Oliver Schmid – Sleepless in Switzerland
- 3sat – Wasserflöhe haben es gerne dunkel
- 3sat – Perlenschnurlichter
Kurzer Medienbericht
- Tele Z – Adliswil/Langnau a.A./Thalwil: Mit intelligenten Strassenlampen gegen Lichtverschmutzung
- SRF Tagesschau – Covid-19 Italien: Balkonexperiment im Dienst der Forschung
- 20minuten – Hobby-Astronomen filmen neue Form des Nordlichts
- TeleZ – Zürich: Vermehrte Beleuchtung führt zu Lichtverschmutzung
- SRF 10vor10 – Serie Rastlos – Die 24-Stunden-Gesellschaft (Teil 2)
- 10vor10 – Intelligente Beleuchtung
- Bundesamt für Energie – Watt d’Or 2018: Zukunftslicht
- SRF 10vor10 – Die Lichtverschmutzung in der Weihnachtszeit
- SRF Newsflash – Verschmutzt durch Licht
- St. Galler Stadtwerke – Volldynamische Strassenbeleuchtung
Längere Dokumentation
Längerer Medienbericht
Nater, A. Evaluating Methods to Predict Commuting Flyways of Greater Mouse-Eared Bats (Myotis Myotis) Masterarbeit ETHZ & WSL. 2019. download pdf
Meier, T. Challenging the Predictive Power of Flight Corridor Models for Bats. no. October, 2019, p. 39. download pdf
Ravessoud, T. “Finding a Method to Predict the Commuting Activity of Bats. Masters Thesis.” Ecology and Evolution Department, University of Lausanne., 2017. download pdf
Constantin, L. Spatial and Temporal Variation of Light Pollution in a Highly Structured Nature Reserve near Zürich. ETHZ, 2020. download pdf
Schönberger, L. A New Challenge for Spatial Planning: Light Pollution in Switzerland. Expose. MAS in Raumplanung 2019/2021, ETHZ, 2020. Link
Schönberger, L. Light pollution in Canton Aargau. Integration of measures against light pollution into local spatial planning instruments. MAS Raumplanung 2019/2021, ETH Zürich, Zürich, 2021.
Bieri, Yumi, and Geschäftsstelle Jurapark. Jurapark Aargau – Die « dunkle » Schatzkammer. Bachelorarbeit ETH Zürich, D-USYS, 2020. Link
Langenegger S. Actions to reduce light pollution in Swiss tourism destinations. Case study of the city Zurich and the village Fläsch Bachelorarbeit.University of Applied Sciences HTW Chur, 2019. download pdf
„Mazenauer C. Nächtliche Dunkelheit im Val Müstair
Eine Untersuchung über die Wahrnehmung und das touristische Potenzial der nächtlichen Dunkelheit. Masterarbeit. Geographisches Institut der Universität Zürich 2015.“ download pdf
Stadler, Rebecca. Licht aus, Sternenhimmel an! Lichtverschmutzung in der Schweiz. Maturaarbeit Kantonsschule Wettingen 2021. Link
Astronomen waren die ersten, welche die Lichtverschmutzung bemerkten: Sie konnten die Sterne nicht mehr so klar sehen wie bisher. NGOs (Non Governmental Organizations) griffen das Problem auf. Medien berichteten auf verschiedenen Kanälen. Die Forschung stellte Fragen – und fand Antworten, die aufhorchen lassen. Einzelne aufmerksame Fachleute aus der Beleuchtungsbranche nahmen seit Beginn des Jahrhunderts kritisch Stellung, Berufsverbände formulieren Normen und Empfehlungen, die Leuchten-Industrie beginnt umzudenken. Auch Parlamente, Regierungen, Rechtswesen und Verwaltungen sind inzwischen mit dem Thema Lichtverschmutzung konfrontiert. Der öffentliche Druck zwingt sie, Stellung zu beziehen und zu handeln.
Hier erfahren Sie mehr über die Massnahmen zum Masshalten – in der Schweiz.
Wer in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts eine Autofahrt machte, musste danach Hunderte tote Insekten von der Windschutzscheibe schaben. Und heute?
Lichtverschmutzung ist in den letzten 50 Jahren ein aktives wissenschaftliches Forschungsthema geworden, das an Bedeutung und Intensität weiterhin zunimmt. Seit der ersten Erwähnung der Lichtverschmutzung in einer wissenschaftlichen Arbeit im Jahr 1972 sind mehrere hundert Forschungsarbeiten veröffentlicht worden, wie die folgende Grafik zeigt. Professionelle Astronomen waren die ersten, die über die zunehmende Lichtverschmutzung besorgt waren, da sie die Qualität ihrer Beobachtungen durch die zunehmende Helligkeit des Himmels gefährdet sahen. In den letzten 15 Jahren jedoch sind die Auswirkungen der Lichtverschmutzung auf tierische und pflanzliche Organismen zum vordringlichen Teil der Forschung in diesem Bereich geworden.

Zwei aktuelle wissenschaftliche Arbeiten, die den Stand der wissenschaftlichen Forschung repräsentieren, sind:
- Owens et al, Light pollution is a driver of insect declines, 2020. Biologische Konservierung, Band 241.
- Sanders et al, A meta-analysis of biological impacts of artificial light at night, 2020. Natur, Ökologie und Evolution 5, 74-81
Hier finden Sie ein aktuelles Verzeichnis veröffentlichter wissenschaftlicher Arbeiten zum Thema Lichtverschmutzung, das von DarkSky International geführt wird.
Hier finden Sie ein Verzeichnis von weiteren Fachtexten
Wissenschaftliche Erkenntnisse bilden das Fundament unserer Aktivitäten, aber sie sind für sich allein nicht ausreichend. Man muss sie auch bekannt machen, so dass sie zu wirkungsvollem Handeln führen.
Die oben erwähnten alarmierten Astronomen gaben 1988 den Anstoss zur Gründung der weltweit aktiven DarkSky International mit ihrem Slogan «The International Dark-Sky Association works to protect the night skies for present and future generations.»
DarkSky International ist das Dach zahlreicher nationaler oder überregionaler NGOs, die sich gegen Lichtverschmutzung engagieren. Auch DarkSky Switzerland ist Mitglied von DarkSky International.
In der Schweiz haben nach DarkSky Switzerland auch NGOs wie Pro Natura oder Birdlife mit ihren insgesamt Hunderttausenden von Mitgliedern die problematischen Auswirkungen der Lichtverschmutzung erkannt und in den letzten Jahren das Thema aktiv aufgegriffen. Als wichtiger Faktor in der Schweizer Umweltpolitik verschaffen sie dem Thema Gehör.

Die Umweltorganisationen haben ihre je eigenen Schwerpunkte – ihre Themen überschneiden sich aber auch. So entstehen Vernetzungen und Kooperationen. DarkSky Switzerland arbeitet mit grossen und kleinen Vereinen und Stiftungen zusammen. Ein regelmässiger Austausch findet im Rahmen der «Arbeitsgruppe Recht» statt, in der sich jene Umweltorganisationen vernetzen, die über das Verbandsbeschwerderecht verfügen – für gegenseitige Information, Zusammenarbeit und Weiterbildung.
Hier finden Sie eine Liste von Umweltorganisationen, denen wir uns verbunden fühlen.
Ob DarkSky zertifiziert oder nicht, Profis setzen nur noch voll gedeckelte (und asymmetrische) Leuchten ein (Fachausdruck: full-cut-off). Diese strahlen nicht über die Horizontale sondern nur in den unteren Halbraum auf die jeweiligen Nutzflächen. Letztlich ergibt sich diese Vorgehensweise aus den Lichtnormen CIE 150:2017 und SN 586:491 (SIA 491), bzw. aus der Vollzugshilfe zur Vermeidung von Lichtemissionen des BAFU.
Eine Liste von Lichtplanern, die sich bei Dark-Sky Switzerland zur Einhaltung der SIA 491 verpflichtet haben finden Sie auf der Seite Lichtplaner.
Was sind die Möglichkeiten, was die Aufgaben von Politik und Behörden, die zunehmende Lichtverschmutzung zu bremsen?
Die Politik gibt mit Gesetzesbeschlüssen den Rahmen vor, die Verwaltung setzt das Gesetz in die Praxis um. Bei Licht und Lichtverschmutzung geht es um Strahlung, diese wird im Umweltschutzgesetz (UWG) von 1985 erfasst. Siehe Rechtsgrundlagen
Parlamentarier auf den Ebenen Bund, Kantone und Kommunen / Gemeinden können über die Gesetzgebung hinaus weitere Massnahmen anstossen – in der Form von parlamentarischen Vorstössen verschiedener Art.
Hier finden Sie die Motion der Neuenburger Ständerätin Céline Vara (GP), die gesetzlich festgelegte Grenzwerte für Beleuchtungen fordert.
Hier finden Sie als Beispiel eine Interpellation von Nationalrat Jürg Grossen (GLP), in der er Fragen stellt zu den geplanten Vollzugsrichtlinien, und dabei warme – für alle Lebewesen angenehme – Farbtemperaturen für LED anmahnt.
Hier finden Sie das Postulat von Zuger Kantonsrät:innen, ein zwölf Jahre altes Beleuchtungskonzept des Kantons zu erneuern.
Hier finden Sie ein Postulat von Gemeinderät:innen der Stadt Baden. Es verlangt vom Stadtrat, die Nachtabschaltung der Beleuchtung von öffentlichen Gebäuden, von Schaufenstern, Reklamebeleuchtungen u.a.m. zu prüfen.
Schweizer Bürgerinnen und Bürger können quasi «von unten» Initiativen ergreifen, wenn ihnen die gesetzlichen Regelungen ungenügend erscheinen. Wenn solche Initiativen für gültig erklärt werden, muss auf Bundes-, Kantons- oder Gemeindeebene darüber abgestimmt werden. Alle Interessierten – auch ohne Stimm- und Wahlrecht – können ihre Forderungen in Form einer Petition ergreifen / unterschreiben.
Gemeinsam mit den Naturfreunden Schweiz, dem Schweizerischen Bauernverband und den Bienenfreunden ApiSuisse lancierte Dark-Sky Switzerland im Jahr 2018 die Insektenpetition, die innert 100 Tagen 165’512 Unterschriften sammeln konnte, die im Dezember 2018 in Gegenwart der Medien dem Bundesrat und Parlament übergeben wurde.
Für die Umsetzung, den so genannten «Vollzug» des Umweltgesetzes, resp. weiterer Regelungen und Massnahmenbeschlüsse sind die Verwaltungen zuständig: Auf Bundesebene das Bundesamt für Umwelt (BAFU), auf Kantonsebene die Ämter für Umweltschutz, auf Gemeindeebene je nach Grösse der Gemeinde wiederum ein oder mehrere Ämter – oder in kleinen Gemeinden der Gemeinderat selber.
Bundesamt für Umwelt (BAFU)
Wer das allgemein gefasste Umweltschutzgesetz liest, weiss danach kaum, wie der neue Sportplatz in der Gemeinde beleuchtet werden darf / muss. Eine wichtige Aufgabe des BAFU ist daher das Erarbeiten und gelegentliche Aktualisieren der «Vollzugshilfen». Dabei müssen vor allem die rasanten technischen Neuerungen in der Beleuchtungsindustrie zum Tragen kommen.
Die «Vollzugshilfe Lichtemissionen» zum Umweltschutzgesetz will den Behörden von Kantonen und Gemeinden möglichst konkrete Anleitungen für die Praxis geben.
Hier finden Sie den Link zur Vollzugshilfe vom November 2021
Kommentar von Vorstandmitglied und Lichtplaner Roland Bodenmann dazu:
Die Empfehlung fasst alle wichtigen Fakten zusammen.
Das erste Drittel ist für den Vollzug wesentlich. Der restliche Inhalt hat eher informativen Charakter.
Ortsfeste und mobile Beleuchtungsanlagen müssen dem Grundsatz der vorsorglichen Emissionsbegrenzung genügen, der im Umweltschutzgesetz verankert ist.
Es wird empfohlen, diese Vollzugshilfe anzuwenden:
- beim Bau von neuen Beleuchtungsanlagen,
- bei der teilweisen oder totalen Erneuerung bzw. Anpassung bestehender Beleuchtungsanlagen
- in Beschwerdeverfahren
- sowie in allen Fällen, in denen die Behörden von Amtes wegen aktiv werden.
Aus Sicht des USG und NHG sollten deshalb möglichst warmweisse LED eingesetzt werden – gemäss Stand der Kenntnis solche einer Farbtemperatur von weniger als 2700 K (EVL, Abs. 3.3.3, S.21)
Das BAFU koordiniert auch das von Bundesrat verliehene Verbandsbeschwerderecht. Aufgrund seiner Schweiz-weiten Arbeit seit über zwanzig Jahren verfügt der Verein DarkSky Switzerland seit Juni 2019 über dieses Instrument, das seinen umweltpolitischen Handlungsspielraum entscheidend erweitert.
Als Organisation mit Verbandsbeschwerderecht können wir Einsprache erheben und damit den Rechtsweg beschreiten, wenn wir der Meinung sind, dass Private oder Behörden gegen das Umwelt- oder das Heimatschutzgesetz verstossen.
Das BAFU stösst auch eigene Projekte an. Bemerkenswert ist das Projekt der Biodiversität. Zum Thema Lichtverschmutzung interessiert in diesem Rahmen insbesondere das folgende Konzept:
Ökologische Infrastruktur für lichtscheue Tiere
Die «Ökologische Infrastruktur» ist ein für die Schweiz geplantes Netzwerk aus ökologisch wertvollen Kern- und Vernetzungsgebieten, welches den Erhalt der Biodiversität und der Ökosystemleistungen sichern soll. Der Aufbau und Erhalt der Ökologischen Infrastruktur wurde 2012 vom Schweizer Bundesrat mit der Verabschiedung der Strategie Biodiversität Schweiz beschlossen und soll bis zum Jahr 2040 fertig gestellt werden. Der Begriff steht in Anlehnung an die in der EU gebräuchliche Bezeichnung «Grüne Infrastruktur».
Rund 30% aller Wirbeltiere und rund 60% aller wirbellosen Tiere sind nachtaktive Arten. Viele von ihnen sind auf solche Vernetzungen angewiesen, wie die ökologische Infrastruktur sie vorsieht: auf genügend passende Räume ohne helles Licht, das ihre normalen Nachtaktivitäten stört oder gar unterbindet.
So haben Fledermäuse ihre festen Flugrouten zwischen ihrem Wohnort etwa in einem Estrich oder Kirchturm – und ihren Futterquellen. Werden diese Verbindungsrouten beleuchtet, so müssen die Tiere u. U. einen neuen Wohnort finden, was oft schwierig ist.
Insekten, insbesondere zahlreiche Arten von Nachtfaltern, sterben in nächtlich beleuchteten Revieren, in denen sie sich sonst gerne aufhalten würden, um Nektar zu sammeln und um sich fortzupflanzen.
Auch Vögel der Nacht – wie etwa Eulen oder Steinkauz – werden in ihrem natürlichen Verhalten eingeschränkt.
Aber nicht nur nachtaktive Organismen leiden unter Lichtverschmutzung. Es gibt immer mehr Beweise für deren negative Auswirkungen auf die Ökologie von tagaktiven Organismen – wie etwa brütenden Singvögeln und Fischarten.
Für sie alle braucht es eine ganz eigene Art von Räumen, die den Tieren eine besondere Qualität bieten: die so genannten Dunkelzonen. Das sind Flächen und Korridore ohne Lichtstörungen, die Dunkel mit Dunkel verbinden. Sie sollten künftig schon bei der Raumplanung – etwa in Richtplänen – ausgewiesen werden. Zu berücksichtigen sind vor allem naturnahe Räume und lineare Strukturen entlang von Gehölzen, Tälern, Bächen und Flüssen.
Ein nächster Schritt wäre, dunkle Räume auch im Raumplanungsgesetz zu berücksichtigen.
Hier finden Sie den Text des BAFU zur «Ökologischen Infrastruktur»
Hier finden Sie mehr zum Thema Dunkelzonen. Wir danken BirdLife für den schönen Artikel «Das Lebensnetz der Dunkelheit» aus Ornis 4/21, auf den wir uns hier beziehen dürfen. Er stellt ein gutes Beispiel dafür dar, wie eine NGO mit ihren Analysen und Forderungen dem schwerfälligeren Behördenapparat Anregungen zur Umsetzung der von oben vorgegebenen Strategien geben kann.
Hier finden Sie die Masterarbeit von Liliana Schönberger. Sie präsentiert eine räumliche Analyse der Lichtverschmutzungs-Situation im Kanton Aargau , und diskutiert mögliche Einsätze, bei welchen die Dunkelzonen – als ein Teil der ökologischen Infrastruktur – mit raumplanerischen Instrumenten zusammengeführt werden.
Der Bund gibt die Marschrichtung vor, umsetzen müssen sie die Kantone. Das ist sinnvoll: Die Kantone sind näher bei der Bevölkerung als der Bund. Sie können konkrete Projekte initiieren, begleiten und kontrollieren. Sie erteilen die Bewilligungen für Projekte mit Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und können Auflagen machen, beispielsweise den sorgfältigen Umgang mit Beleuchtungen.
Die Kantone sind auch zuständig für kantonale Bauten und Anlagen, nicht zuletzt die kantonalen Strassen.
Hier finden Sie eine Liste von Websites und Links zum Thema Lichtemissionen, nach Kantonen geordnet
Hier finden Sie das Exposé von unserem Vorstandsmitglied Dr. Liliana Schönberger, dem wir diese Angaben entnehmen durften: A New Challenge for Spatial Planning: Light Pollution in Switzerland (pdf)
Hier finden Sie das Verzeichnis «Fachstellen und Verantwortliche der Kantone für die Nachhaltige Entwicklung»
Die Kommunen (Städte und kleinere Gemeinden) haben beim Umgang mit Licht grossen Einfluss und breiten Gestaltungsraum. Immer mehr Gemeinden formulieren ein eigenes Beleuchtungsreglement.
In der Region Genf nahmen 2019 und 2020 zahlreiche Gemeinden an der Veranstaltung «La nuit est belle» teil und schalteten ihre Beleuchtung eine Nacht lang aus. Dies führte in etlichen Gemeinden zum Nachdenken über deren Bedürfnisse und deren Praxis im Umgang mit Licht – und schliesslich zu einer Reduktion der nächtlichen Beleuchtungen.
Unter den städtischen Zentren, die eine Vorreiterrolle bei der Verwaltung der öffentlichen Beleuchtung zur Bekämpfung der Lichtverschmutzung eingenommen haben, ist Yverdon-les-Bains ein beispielhafter Fall: Die Stadt hat ihre Infrastruktur seit Anfang der 2010er Jahre renoviert, um eine umfangreiche dynamische Beleuchtung zu integrieren. Dabei wurde die Bevölkerung mehrmals befragt, um den Grad der Zustimmung zu den neuen Installationen und Beleuchtungsstrategien zu messen.
Das Vorgehen von Yverdon-les-Bains zeigt deutlich auf, dass es möglich ist, eine ehrgeizige Politik zur Reduktion der Lichtverschmutzung in Städten umzusetzen und gleichzeitig die Qualität der Dienstleistungen für die Nutzer zu verbessern.
Hier finden Sie vertiefte Informationen für Gemeindebehörden
Möchten Sie als besorgte Bürgerin oder Bürger handeln?
- Schreiben Sie einen Leserbrief!
- Wenden Sie sich an Ihre Gemeinde / Ihren Kanton und machen Sie auf das Problem aufmerksam!
- Wenden Sie sich an Parteimitglieder oder an Parlamentarier:innen Ihrer Gemeinde, ihres Kantons, des Bundes.
- Wenn Sie Zeit und Ausdauer haben, können Sie in Ihrer Gemeinde auch eine politische Initiative ergreifen, vorzugsweise als Gruppe von Interessierten.
Im Alltag ist das Team von DarkSky Switzerland mit Lichtfragen in der Schweiz beschäftigt. Ein Blick vom Satelliten auf Europa zeigt aber, dass die Schweiz umgeben ist von Ländern, die teilweise sogar noch heller beleuchtet werden. Regionen wie die Lombardei in Italien oder die flachen, dichtbesiedelten Benelux-Staaten wirken auf Satellitenaufnahmen nachts wie ein einziges Lichtermeer.
Auch in den umliegenden Nationen wird viel geforscht, die Ergebnisse sind für uns von Bedeutung. Frankreich erlässt strenge Gesetze für umweltgerechte Beleuchtungen – wir können darauf verweisen. Die Beleuchtungsindustrie anderer Länder setzt auf wärmere Farbtemperaturen im Dienste der Umwelt – das fördert ein Umdenken auch in der Schweizer Beleuchtungswirtschaft.
Die folgenden Hinweise zur Gesetzgebung in den Nachbarländern durften wir dem Text «A New Challenge for Spatial Planning: Light Pollution in Switzerland» von unserem Vorstandsmitglied Dr. Liliana Schönenberger entnehmen. Dort finden Sie zu diesen weitere Ausführungen und Quellenangaben. (Link)
Gesetzgebung
Frankreich hat eine der weltweit fortschrittlichsten Gesetzgebungen. Das Dekret vom 27. Dezember 2018 zur Vorbeugung, Reduktion und Begrenzung der Lichtverschmutzung setzt bei den verbindlichen Bestimmungen sehr hohe Standards.
Zu den Bestimmungen des Dekrets gehören:
- Beleuchtungszeitplan (Sperrstunde)
- Beleuchtungsverhältnis nach oben
- Lichttemperatur
- Dichte des Lichtstroms (lm/m2)
- Nach unten abgestrahlter Lichtstrom (Blendung und störendes Licht)
Der Geltungsbereich der Verordnung umfasst:
- Öffentliche und private Strassen
- Denkmalschutzbeleuchtung (Kirchen, Denkmäler)
- Parks und andere öffentliche Freiflächen
- Sportanlagen im Freien
- Industrie-Innenbeleuchtung
- Parkhäuser
- Temporäre Beleuchtung von Sonderveranstaltungen und Bauarbeiten
Besondere Anforderungen werden auch für National- und Regionalparks, Naturschutzgebiete und astronomische Observatorien formuliert. Die Einhaltung aller Vorschriften ist bis Anfang 2025 verpflichtend, die schrittweise Einführung begann bereits am 1. Januar 2019.
Aktivitäten
Die Association Nationale pour la Protection du Ciel et de l’Environnement Nocturne (ANPCEN) ist in Frankreich auf verschiedenen Ebenen aktiv, ohne Mitglied von DarkSky International zu sein. Sie bekämpft die Lichtverschmutzung wirksam durch Expertengutachten und durch Vereinbarungen mit Gemeinden: Deren Unterzeichner verpflichten sich, die übermässige Verbreitung von Kunstlicht zu reduzieren.
ANPCEN verleiht jedes Jahr das nationale Label „Villes et villages étoilés“ (mit Sternen ausgezeichnete Städte und Dörfer) an teilnehmende Städte und Dörfer. Die Reduktion der Beleuchtung führt in vielen Fällen nicht nur zu mehr Sternenlicht, sondern überdies zu regelmässigen finanziellen Einsparungen, die dann für andere Projekte verwendet werden können.
Hier finden Sie den Link zu ancpen (https://www.anpcen.fr/)
Gesetzgebung
Der Versuch, in den 1990er Jahren ein nationales Gesetz zu installieren, scheiterte in Italien schon früh am starken Widerstand der Beleuchtungslobby. Denn Italien ist die Heimat der grossen europäischen Leuchtenhersteller…
1997 jedoch begannen sich die Kräfte in der Region zu sammeln, um für die Lombardei ein regionales Gesetz zu formulieren, also für eines der am stärksten verschmutzten Gebiete Europas. Am 30. März 2000 wurde das Regionalgesetz Nr. 17 verabschiedet. Der Verein „Cielobuio Coordinamento per la Protezione del Cielo Notturno“ fördert und unterstützt seither die Anwendung dieses Gesetzes auch in anderen Regionen des Landes. In der Folge wurden in ganz Italien mehrere Regionalgesetze verabschiedet, die alle vom Gesetz Nr. 17 der Region Lombardei inspiriert sind.
Diese regionalen Regelungen unterscheiden sich im Umfang der Massnahmen.
Am häufigsten kommen vor:
- Zonierung
- Technische Anforderungen an die öffentliche Beleuchtung
- Reduktion der Beleuchtungsintensität (ohne Festlegung von maximalen Beleuchtungsstärken)
- Aussergewöhnliche Abschaltungen (für astronomische Forschungszwecke)
- Bildung und öffentliches Bewusstsein
Aktivitäten
Die Stiftung „Schutz des astronomischen Himmels“ (SAS Foundation) ist eine NGO. Ihr Thema: Die bodengestützten astronomischen Beobachtungen werden durch den fortgesetzten Einsatz grosser Satellitenflotten stark beeinträchtigt, welche den Betrieb künftiger Telekommunikationstechnologien gewährleisten sollen. Ein Aufruf dieser Stiftung hat im Jahr 2020 mehr als 2000 Unterstützer gefunden, auch Dark-Sky Switzerland hat sich der Initiative angeschlossen. Im Jahr 2021 wurde eine Klage mit dem Namen «Healthy Heavens Trust Initiative» eingereicht, die die US FCC vor den US-Bundesgerichten verklagt.
Hier finden Sie Informationen zu dieser Initiative. (https://tinyurl.com/SASFundation)
Hier finden Sie die Stellungnahme der IDA zu diesem Problem
Hier finden Sie die Links zu zwei italienischen Organisationen, die sich gegen Lichtverschmutzung einsetzen:
https://cielobuio.org
www.lightpollution.it (IDA Italien)
Gesetzgebung
In Deutschland gibt es – wie in der Schweiz – kein Gesetz, das sich explizit mit Lichtemissionen oder Lichtverschmutzung befasst, jedoch bezieht sich das Emissionsgesetz auf Licht als «Emissionsquelle» (oder als «Immission») – und schafft damit die Möglichkeit zur Umsetzung von Massnahmen gegen Lichtverschmutzung.
Ein spezifisches Dokument, das sich mit Lichtemissionen befasst, ist der 2012 von der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) herausgegebene Leitfaden zur Messung, Beurteilung und Verminderung von Lichtimmissionen. Das Dokument erkennt als vor Lichtverschmutzung schützenswerte Gebiete allerdings nur Siedlungsbereiche an. Es gibt maximal zulässige Werte für Lichtimmissionen in unterschiedenen Typen von Siedlungsgebieten vor. Das BAFU hat diese Richtwerte 2021 ebenfalls in der Schweiz eingeführt.
Aktivitäten
Die Fachgruppe Dark Sky der Vereinigung der Sternfreunde e.V. hat mit Andreas Hänel einen tatkräftigen Initianten, der Dunkle Gebiete auf dem Weg zu offiziellen Sternenparks mit Messungen (nahezu weltweit) begleitet.
Die «Initiative gegen Lichtverschmutzung» ist eine deutsche Partnerorganisation der International Dark Sky Organization (IDA). Auf ihrer Website berichtet sie ausführlich über die von der IDA anerkannten Sternenparks, Dark Sky Parks, Darks Sky Reserves – insbesondere in Europa.
Hier finden Sie die Website der Initiative gegen Lichtverschmutzung
paten-der-nacht.de ist ein Projekt engagierter, ehrenamtlich tätiger Leute aus Deutschland und Österreich, die sich engagiert und mit Humor für die Eindämmung der Lichtverschmutzung einsetzen. Das zeigt auch ihr Motto: «Licht aus – Nacht an»… Eine Form der persönlichen Mitgliedschaft ist die Übernahme einer Patenschaft für die Nacht.
Die Initiative Earth Night betont die astronomische Beobachtungsqualität und möchte, dass das Licht in einer geeigneten Leermondnacht im September ausgeschaltet wird. 2021 hat Dark-Sky Switzerland das Anliegen gehört und ist Partner geworden.
Gesetzgebung
Ähnlich wie in Deutschland und der Schweiz ist es möglich, Lichtverschmutzung auf der Basis verschiedener Gesetze zu behandeln, ohne dass sie in den Gesetzen explizit erwähnt würde. Seit 2018 gibt es einen Leitfaden für Aussenbeleuchtung, den die meisten Bundesländer mittragen. Das Dokument ist unverbindlich, empfiehlt aber technische Grenzwerte für Lichttemperatur, Zeitgrenzen (Nachtstunden ohne Beleuchtung) und für die Richtung der Lichtquelle (nie über dem Horizont). Bei den Intensitätsgrenzwerten empfiehlt der Leitfaden, dem Prinzip ALARA zu folgen: As Low As Reasonably Achievable.
Aktivitäten
Sternenpark Attersee
Österreichische Umweltanwälte engagieren sich auf kreative Weise und mit einer guten Website gegen Lichtverschmutzung: www.hellenot.org
Oberösterreich hat ein Messnetz für Lichtverschmutzung. Es ist das erste Bundesland mit einem Lichtmessnetz, das jede Nacht den Helligkeitsverlauf an 23 Stationen festhält. Damit wird der Grad der Lichtverschmutzung erfasst, der sowohl für die Störung des Biorhythmus des Menschen, aber auch für das Insektensterben mitverantwortlich ist.
Gesetzgebung
Schon 2008 wurde in Liechtenstein im Hinblick auf die Einführung von LED ein Gesetz zur Lichtverschmutzung innerhalb des neuen Umweltschutzgesetzes verabschiedet.
Aktivitäten
2005 wurde eine Potentialstudie durch die Fachhochschule Nordwestschweiz verfasst.
Gesetzgebung
Die EU hat ein Update der „Guidelines Lighting“ (GPP) veröffentlicht, ein unverbindliches Instrument mit Richtlinien und technischen Kriterien für Beleuchtungsanlagen. Die Zielakteure sind Entscheidungsträger und Fachleute, die an der Beschaffung und Inbetriebnahme neuer oder renovierter Strassenbeleuchtung beteiligt sind. Als wesentliche Umwelteinflüsse werden der Energieverbrauch und die Treib-hausgasemissionen genannt, während die Lichtverschmutzung eine sekundäre Rolle spielt.
Die GPP betont die allgemeine Regel zur Bestimmung der Beleuchtungsstärke: As Low As Reasonably Achievable (ALARA). Obwohl ALARA ein empfohlenes Prinzip ist, ist GPP in Übereinstimmung mit der Norm EN 13201-1 (Europäische Norm für Strassenbeleuchtungsnormen) verfasst, die nur die minimalen Beleuchtungsstärkewerte festlegt (mit dem übergeordneten Prinzip, die Sicherheit im Strassenverkehr zu gewährleisten).
Dennoch führt die GPP als ein wichtiges Kriterium bei der Reduktion von Lichtverschmutzung die ökologische Lichtverschmutzung und Sternensichtbarkeit auf.
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Parallel dazu lief von 2017-2021 das von der EU geförderte Projekt «Night Light Interreg Europe», an dem die Niederlande, Ungarn, Spanien, Luxemburg, Dänemark, Slowenien und Italien teilnehmen. Das Ziel des Projekts ist die Verbesserung der regionalen Politik zur Reduktion von Lichtverschmutzung und die Ausweisung von Schutzgebieten für den dunklen Nachthimmel. Ein grosser Teil der Projektressourcen wird für Bildungsaktivitäten und die Verbreitung des öffentlichen Bewusstseins verwendet.
Die niederländische Provinz Friesland leitete das Projekt, das 2017 zusammen mit weiteren interessierten Regionen gestartet wurde. Es endete 2021, wird aber in den lokalen Initiativen teils weiterleben.
Niederlande: In der friesländischen Provinz wurden alte Traditionen wiederbelebt.
Das Wattenmeer bietet Gelegenheit für hervorragende Sternbeobachtungen bei tiefer Dunkelheit. (Die Niederlande gehören zu den hellsten künstlich beleuchteten Staaten Europas, die vorgelagerten Inseln sind davon jedoch kaum betroffen.) Das Erlebnis Nacht kann vielfältig ins Bewusstsein gerufen werden, so wurde u.a. ein jahrhundertealter Nachtgarten wiederbelebt, bestückt mit nachtblühenden Blumen und Gehölzen. Wer bei wenig Licht vorbeispaziert, nimmt deren Duftwolken wahr.
Dänemarks nachhaltig bewirtschaftete Insel Samsø nimmt im Lande eine Vorreiterrolle ein. Sie behauptet sich energetisch selbstversorgend. Die Insellage überzeugte zum Schritt, die Nacht für Astrotourismus zu nutzen und ein Dark Sky Gebiet zu werden. Sämtliche Leuchten wurden auf LED umgerüstet und schalten von Mitternacht bis sechs Uhr ihr Licht aus.
Im Naturpark Our in Luxembourg motiviert ein Pilot-Projekt Gemeinden dazu, veraltete Beleuchtungen und Inszenierungen zu überarbeiten. Der Naturpark hat einen eigenen Lichtberater angestellt, der die Fortschritte begleitet und überwacht. Ende August 2021 wurde beispielsweise die Neugestaltung von Clervaux gefeiert. Hier wird das Motto «Weniger ist mehr» unter dem Leitfaden «Gutes Licht» erfolgreich umgesetzt. Dem Naturpark gelingt es, Bevölkerung und Behörden durch Anlässe einzubeziehen.
In Ungarn soll das Bewusstsein für den Wert der Dunkelheit gestärkt werden, da das Sicherheitsbedürfnis und die Bedenken in der Provinz noch beträchtlich sind. Nachhaltiger Tourismus im Hajdú-Bihar Bezirk soll einen wirtschaftlichen Aufschwung generieren. Dabei ist der benachbarte Hortobágy Dark Sky Park ein Treiber, der seit 2011 eine Fläche von 100 km2 schützt und auch zum UNESCO Welterbe zählt. Eine gute Abschirmung schützt vor allem fliegende Arten vor zu viel Licht. Die Regelwerke der Gemeinden werden erneuert.
Slowenien gehört zu den dunkelsten Staaten Europas. Die Regionalentwicklung möchte deshalb ein Dark Sky Gebiet etablieren. Man wartet hier auf eine Auszeichnung, die erhöhte Nachfrage und die Gewissenhaftigkeit der IDA und der UNESCO verzögern dies jedoch. Dennoch wurden bereits Umrüstungen auf weniger schädliche Beleuchtung vorgenommen und Ausschaltzeiten angepasst.
Auch in Italiens Basilicata mit Potenza und Matera wird versucht, den Astrotourismus in Gang zu setzen und mehr Bewusstsein zu schaffen für die problematischen Seiten von Kunstlicht. So wurde ein Aktionsplan erarbeitet und um eine akzeptable Regulierung gerungen. Lokale Naturpärke sind involviert; gesellschaftliche, kulturelle und künstlerische Aspekte werden einbezogen. Bei einer Veranstaltung konnte jede·r Besucher·in eine persönliche Solar-Lampe bauen und nach Hause nehmen.
In Spanien gibt es durch die Popularität der astronomischen Forschung ein grosses Interesse am Schutz der Dunkelheit durch akzeptables Kunstlicht. Die Regierung hat deshalb in die Umrüstungen der Beleuchtung von Avila und der kanarischen Insel La Palma investiert. Die «Starlight Foundation» mit Sitz auf La Palma gibt dem Anliegen eine Stimme auf dem internationalen Parkett.
Hier finden Sie das Projekt «Night Light Interreg Europe»