Für umweltschonende Beleuchtung und den Schutz der Nacht


Rechtsgrundlagen

Einleitung Rechtsgrundlagen

Vor 120 Jahren wäre niemand auf die Idee gekommen, die Beleuchtung des Aussenraumes regeln zu wollen – und wenn schon, dann ging es wohl eher darum, wer das Licht erhalten darf – und nicht, wen es womöglich stört.

Heute ist das anders. Wie beim Lärm fühlen sich immer mehr Menschen durch helles Licht in der Nacht gestört und geschädigt, oder sie sorgen sich um Tiere und Pflanzen.

Im Schweizerischen Umweltgesetz verfügen wir über eine Rechtsgrundlage, die auch Strahlungen erfasst, und Licht ist Strahlung. Normen für den Einsatz von Licht haben keinen Rechtscharakter, aber sie formulieren Regeln für den sinnvollen und rücksichtsvollen Gebrauch von Licht.

Wo Konflikte um nächtliche Beleuchtung sich nicht im Gespräch lösen lassen, kann es zu Gerichtsverfahren kommen. Die Urteile werden auf der Basis des Umweltgesetzes gefällt, aber auch der Normen – und aufgrund bereits früher erfolgter Gerichtsentscheide.

  1. Rechtlicher Rahmen
    1. Bundesrecht
      1. Allgemeines
        Es gelten die folgenden bundesrechtlichen Texte:

        • Bundesverfassung: Artikel 74 und 78
        • Bundesgesetz über den Umweltschutz (USG): Artikel 1, 7 Abs. 1, 2 und 7, sowie die Artikel 11 bis 14 und 16 bis 18,
        • Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz (NHG): Artikel 1 bis 3, 5, 6, 18, 18a und 18b, 20 Abs. 1, 23 b bis 23d
        • Bundesgesetz über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (JSG): Artikel 1 Abs. 1 und 7 Abs. 4
        • Bundesgesetz über die Fischerei (BGF): Artikel 5
        • Bundesgesetz über die Raumplanung (RPG): Artikel 1, 3, 17, 22 und 24
        • Energiegesetz (EnG): Artikel 1 und 3
        • Schweizerisches Zivilgesetzbuch (ZGB): Artikel 679 und 684
      2. Bundesgesetz über den Umweltschutz (USG)
        Das Umweltschutzgesetz hat laut Artikel 1 Absatz 1 USG zum Ziel, Menschen, Tiere, Pflanzen, ihre Lebensgemeinschaften und Biotope vor schädlichen oder lästigen Einwirkungen zu schützen.
        Gemäss Artikel 1 Absatz 2 des USG sollen Einwirkungen, die schädlich oder lästig werden könnten, frühzeitig und vorsorglich reduziert werden.
        Nicht-Ionisierende Strahlen, die durch den Bau oder den Betrieb verursacht werden, fallen in den Geltungsbereich des USG (Art. 7 Abs. 1 USG).
        Der Schutz beruht auf einem zweistufigen System:

        1. Vorsorgliche Emissionsbegrenzung (Artikel 11 Absatz 2 USG):
          Emissionen sind unabhängig von bestehenden Belastungen vorsorglich so weit zu begrenzen, wie dies nach dem Stand der Technik und den betrieblichen Verhältnissen möglich und wirtschaftlich tragbar ist.
          Diese Bestimmung ist direkt anwendbar (BGE 1C_216/2010).
        2. Strengere Beschränkung bei Beeinträchtigungen (Art. 11 Abs. 3 USG):
          Die Emissionen sind strenger zu begrenzen, wenn festgestellt wird oder anzunehmen ist, dass die Einwirkungen unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Umweltbelastung schädlich oder lästig sein werden.
      3. Vollzugshilfe
        Die Vollzugshilfe „Lichtemissionen“ soll dazu beitragen, unnötige Lichtemissionen zu vermeiden. Sie richtet sich direkt an kommunale, kantonale oder eidgenössische Behörden, die mit dem Vollzug des Umweltrechts betraut sind, und indirekt an Ingenieurbüros, Umweltberatungsstellen, Bauherren, Lichtplaner sowie Eigentümer und Betreiber von Beleuchtungsanlagen.Generell sind die „Vollzugshilfen“ Publikationen des BAFU als Aufsichtsbehörde und richten sich in erster Linie an die kantonalen Vollzugsbehörden. Sie konkretisieren das Bundesumweltrecht und sollen eine einheitliche Vollzugspraxis fördern.
      4. Kantonale und kommunale Rechtsgrundlagen
        Einige Kantone haben in ihren Richtplänen Planungsgrundsätze vorgeschrieben (vgl. Kantone Schaffhausen und Thurgau).
        Einige kommunale Bau- und Nutzungsordnungen sehen verbindliche Bestimmungen zum Schutz vor Lichtimmissionen vor. Einige Gemeinden oder Regionen haben auch spezielle Beleuchtungspläne oder -strategien ausgearbeitet, die als „Plan lumière“ oder Lichtkonzept bezeichnet werden.
      5. Normen und Empfehlungen
        1. SIA 491Die Norm 491 aus dem Jahr 2013, die wichtig ist, um unerwünschte Lichtemissionen im Freien zu begrenzen, wurde vom Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein (SIA) herausgegeben. Sie umfasst mehr als 20 Seiten und ist kostenpflichtig.Die wichtigsten Punkte dieser SIA 491-Norm haben wir in unserem kleinen Flyer [Link] festgehalten und illustriert.Das Bundesgericht bezog sich auf die SIA-Norm 491 und stellte fest, dass das öffentliche Interesse an der Nachtruhe von 22 Uhr bis 6 Uhr auch für die Beleuchtung gilt.
        2. Weitere Lichtnormen
          Im Folgenden werden zusätzliche Normen und Empfehlungen für die Bewertung von Aussenbeleuchtungen aufgeführt:

          • SN EN 12464-2:2014: Beleuchtung von Arbeitsstätten – Teil 2: Arbeitsstätten im Freien.
          • SN EN 12193:2019: Licht und Beleuchtung – Beleuchtung von Sportanlagen
          • SN TR 13201-1:2016: Technischer Bericht Strassenbeleuchtung – Teil 1: Leitfaden zur Auswahl von Beleuchtungsklassen
          • SN TR 13201-2:2016: Strassenbeleuchtung – Teil 2: Leistungsmerkmale
          • SN TR 13201-3:2016: Strassenbeleuchtung – Teil 3: Berechnung der Leistung
          • SN TR 13201-4:2016: Strassenbeleuchtung – Teil 4: Verfahren zur Messung der Leistung von Strassenbeleuchtungsanlagen.
          • SN TR 13201-5:2016: Strassenbeleuchtung – Teil 5: Energieeffizienz-Indikatoren
          • CIE 150:2017: Guide on the Limitation of the Effects of Obtrusive Light from Outdoor Lighting Installations (Leitfaden zur Begrenzung der störenden Wirkung von Aussenbeleuchtungsanlagen).
          • CIE 126-1997: Guidelines for Minimizing Sky Glow (Richtlinien zur Minimierung der Aufhellung des Nachthimmels).
    2. Gerichtsentscheide (Bundesgericht)
      • Licht vom Innenraum in den Aussenraum Klinik in Münsterlingen, Münsterlingen TG
        1C_475/2017 (6.2 und 6.3), 21.9.2018
      • Strassenlampe Zuzwil, Zuzwil SG
        1C_198/2017, 9.11.2017
      • Blendung durch reflektiertes Sonnenlicht, Olten SO
        1C_740/2013, 6.5.2015
      • Bahnhof Oberrieden, Oberrieden ZH
        1C_602/2012, 2.4.2014
      • Weihnachtsbeleuchtung, Möhlin AG
        BGE 140 II 33, 12.12.2013
      • Nicht zonenkonforme Skulptur, Lostorf SO
        1C_529/2012, 29.1.2023
      • Blendung durch reflektiertes Sonnenlicht, Burgdorf BE
        1C_177/2011, 9.2.2012
      • Wohnraumaufhellung, Wallisellen ZH
        1C_216/2010, 28.9.2010
      • Sportplatzbeleuchtung, Lachen SZ
        1C_105/2009, 13.10.2009
      • Reklameanlagen, Zürich
        1C_12/2007, 8.1.2008
      • Bergbeleuchtung Pilatus, Luzern
        BGE 123 II 256, 16.4.1997
  2. Was können Sie als Privatperson tun?
    Laut einer Entscheidung des Bundesgerichts dürfen belästigte Anwohner klagen, wenn sie in einem Radius von 100 m um die Lichtquelle von Immissionen betroffen sind. Bei grösseren Lichtquellen dehnt sich der Radius entsprechend aus (Gerichtsentscheide).
    Sind Sie persönlich von Lichtverschmutzung betroffen? Dann handeln Sie! Hier finden Sie eine sinnvolle und schrittweise Vorgehensweise anhand einfacher Fallbeispiele.
    Schrittweises Vorgehen in individuellen und konkreten Fällen:
    Schritt 1 – Suchen Sie ein klärendes Gespräch
    Wenden Sie sich direkt an die Person, die für die Emissionen verantwortlich ist. Versuchen Sie, das Problem durch ein Gespräch zu lösen. Beschreiben Sie Ihr Anliegen und erwähnen Sie die direkten Beeinträchtigungen, die durch die Lichtverschmutzung verursacht werden. Beziehen Sie sich bei Bedarf auch auf den Flyer von DarkSky Switzerland, dieses Merkblatt oder die Publikationen des Bundesamtes für Umwelt (BAFU): „Empfehlungen zur Vermeidung von Lichtemissionen“ und „Auswirkungen von künstlichem Licht auf die Artenvielfalt und den Menschen“ sowie die SIA-Norm 491 „Vermeidung unnötiger Lichtemissionen im Aussenraum„.
    Wenn Ihre Überzeugungskraft nicht ausreicht…
    Schritt 2 – Kontaktieren Sie die Behörden
    In Bezug auf Lichtemissionen sind die Gemeinden und Kantone verpflichtet, die Einhaltung der geltenden Gesetze und Vorschriften durchzusetzen. Dies gilt auch für Art. 11 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 2, USG (siehe Abschnitt Verwaltungsverfahren).
    Wenn die Behörde erklärt, dass sie nicht zuständig ist (die betreffende Regelung ist nicht in der ganzen Schweiz vereinheitlicht), können Sie sich an das Umweltamt des betreffenden Kantons wenden. Reichen Sie Ihren Fall schriftlich ein. Dokumentieren Sie die aktuelle Situation, wenn möglich mit Bildern und Betriebszeiten. Beziehen Sie sich auch auf die Publikation des Bundesamts für Umwelt (BAFU) und die SIA-Norm 491. Achten Sie darauf, dass Sie sich auf das Urteil des Bundesgerichts Möhlin BGE 140 II 33 beziehen, das in einem Grundsatzentscheid eine Nachtpause für Beleuchtungen fordert.
    Wenn das Umweltamt des Kantons nicht auf Ihre Anfrage reagiert
    Schritt 3 – Bleiben Sie dran
    Informieren Sie sich telefonisch über den Stand der Dinge. Verfassen Sie gegebenenfalls einen weiteren Brief, in dem Sie darauf hinweisen, dass der Kanton gesetzlich verpflichtet ist, Massnahmen zu ergreifen.
    Selbsthilfe behelligte Anwohner